»Verwaltungsunübliches« Handeln vom Verkehrsminister

Verschärfungen von Sicherheitsrichtlinien nicht umsetzbar / Traditionsschiffe gefährdet

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Die Abgeordneten des Haushaltausschusses des Bundestages erhielten kürzlich ein großes Lob aufgrund ihrer Beschlüsse zum Meeresschutz von der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN). Nunmehr hat der Vorsitzende des kommunalen Umweltverbandes den Bundesverkehrsminister angeschrieben. In einem Brief teilt Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen dem Minister sein Unbehagen über die geplanten Sicherheitsrichtlinien bei Traditionsschiffen in Nord- und Ostsee mit. »Die zuständige Abteilung in Ihrem Haus hat einen neuen Entwurf für die Sicherheitsrichtlinie auf Traditionsschiffen vorgelegt, die noch dieses Jahr in Kraft treten soll. Darin enthalten sind Forderungen über Bau und Betrieb von Traditionsschiffen, die aus Sicht der SDN nicht umgesetzt werden können«, schreibt der Vorsitzer.

Der jetzt herausgegebene Entwurf des Ministeriums sieht Änderungen und Vorschriften vor, die aus Sicht der SDN zur Folge haben, dass der Betrieb wegen der Anforderungen an die Besatzung nicht oder nur eingeschränkt möglich sein wird. Auch sollen die Schiffe in ihrem Aussehen beziehungsweise baulichen Zustand so stark verändert werden, dass sie ihren ursprünglichen Charakter verlieren könnten. Die SDN befürchtet, dass der Aufwand zur Umsetzung der Forderungen die finanziellen Möglichkeiten der Betreiber übersteigt und der weitere Betrieb gefährdet ist.

ln der nun vorliegenden Fassung, die eigentlich dem Erhalt der Traditionsschiffe dienen soll, wird durch zahlreiche Verschärfungen der Bestand der Traditionsschiffe gefährdet. Neben einigen Konkretisierungen und Vorgaben, die von der SDN als sinnvoll anerkannt werden, stellt der Entwurf insgesamt eine unverhältnismäßige Verschärfung dar, so der kommunale Umweltverband. Die finanziellen und quantitativen Annahmen in der Begründung der Richtlinie entsprechen vielfach nicht der Wirklichkeit, zum Beispiel die Kosten für den Einbau wasserdichter Schottunterteilungen oder der Schulungsumfang der ehrenamtlichen Besatzung.

Die geplante Übertragung des Schiffsbesatzungszeugnisses der Berufsschifffahrt auf ehrenamtlich betriebene Traditionsschiffe ist nicht möglich, da zumeist mit wöchentlich wechselnder Besatzung und keiner festen Crew gefahren wird. »Außerdem ist die Mindestbesatzung bereits in der Verordnung über den Erwerb von Sportsee- und Sporthochseeschifferscheinen und die Besetzung von Traditionsschiffen eindeutig geregelt«, verdeutlicht Harrsen.

Die geplante Pflicht zur Durchführung der zweijährlichen Seediensttauglichkeits-Untersuchung für ehrenamtliche Besatzungsmitglieder, die zumeist nur für eine Woche pro Jahr an Bord sind, stellt organisatorisch und finanziell eine unzumutbare Hürde dar. Auch könne die geplante Pflicht für Teile der Besatzung zur regelmäßigen Teilnahme an Lehrgängen gemäß der Maritime-Medizin-Verordnung mit wöchentlichen wechselnden ehrenamtlichen Crews nicht umgesetzt werden.

Der Entwurf seitens des Bundesverkehrsministeriums war am 16.8.2016 mit dem Ziel der Umsetzung am 1.1.2017 bekanntgegeben worden. Harrsen bezeichnet dieses Vorgehen als »verwaltungsunüblich« und erkennt darin nicht die Einbindung der betroffenen Bevölkerung vor Ort. »Wir möchten Sie herzlichst bitten, diesen Verwaltungsvorgang in Ihrem Haus zu unterbinden«, heißt es abschließend in dem Schreiben.

Dieser Text im PDF-format: 16-11-23-PM-Traditionsschifffahrt

Unsere neuesten Beiträge (Pressemitteilungen stehen in der rechten Spalte)

18-05-23 Protokoll der Mitgliederversammlung der SDN

Das Protokoll und der dazugehörige Geschäftsbericht geben eine Übersicht über die Themen, mit denen die SDN sich in den letzten zwölf Monaten befasst hat. Als Anlagen sind ein Vortrag zum Thema der Einleitung von Kalilauge in die Nordsee sowie ein Überblick über die Arbeit der KIMO dabei.

 

SDN fordert neue Bewertung beim Meeresschutz

»Deutsche Küstenwache« auf Bundesebene ohne Grundgesetzänderung möglich

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Angesichts der Diskussion und politischen Vorschläge über die derzeitige Sicherheitslage in Deutschland fordert die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), die Sicherheitsstruktur auf den Meeren von Nord- und Ostsee in die Debatte einzubeziehen. Wenn es für Frau Bundeskanzlerin Merkel und Frau Ministerin von der Leyen »jetzt an der Zeit« sei, bei Übungen für terroristische Großlagen unter Führung der Polizei auch die Bundeswehr einzubinden, dann frage sich der Umweltverband allerdings, warum die Zusammenfassung der schwimmenden Kräfte von Bund und Ländern in einer »Deutschen Küstenwache« nicht möglich sei.

Damit wiederholt die SDN ihre seit 1990 erhobene Forderung nach einer monokratisch geführten Sicherheitsstruktur für die Nord- und Ostsee. Es »sei es jetzt an der Zeit«, die auf See tätigen Bundesbehörden (Verkehr, Bundespolizei, Wasserzoll und Fischereiaufsicht) mit dem am schifffahrtspolizeilichen Vollzug beteiligten Personal und Material durch einen Kabinettsbeschluss in einer »Deutschen Küstenwache« unter einheitlicher Führung zusammenzufassen. »Das ist, im Gegensatz zum Einsatz der Bundeswehr, ohne Grundgesetzänderung möglich«, verdeutlicht ein Verbandssprecher. Bei einer späteren Beteiligung der Küstenländer als gleichberechtige Partner müsste möglicherweise eine Grundgesetzänderung erfolgen oder ein Staatsvertrag mit den Ländern abgeschlossen werden.

Die SDN unterstreicht, dass derzeit auf den Meeren noch keine sicherheitsrelevanten Probleme vorhanden seien, aber das könne sich angesichts der Ereignisse in Europa auch schnell ändern. Die nötigen politischen Entscheidungen sollten daher jetzt getroffen werden. Nach Meinung der SDN sind die Bundestagsabgeordneten der norddeutschen Küstenländer gefordert, diesen Prozess zu initiieren. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass seitens der Verwaltungen keine Aktivitäten entwickelt worden waren, Abgeordnete hätten häufig wegen der angeblich »nicht politisch umsetzbaren Grundgesetzänderung« ihre Aktivitäten in Richtung Küstenwache wieder aufgegeben. Wenn nunmehr die Bundeskanzlerin die Lage als einen »Krieg mit der IS« beschreibt, sollten die Sicherheitsstrukturen bezüglich äußerer und innerer Sicherheit auch auf den Meeren angepasst werden. Das vorhandene Havariekommando in Cuxhaven sei ein wichtiger Baustein und müsse dabei mit einbezogen werden, meint die SDN.

Dieser Beitrag im PDF-Format: 16-08-02 SDN fordert neue Bewertung beim Meeresschutz

Sperrung von Meeresschutzgebieten fachlich nicht zu rechtfertigen

Widersprüchliches Vorgehen der Regierung / Ziele nicht hinreichend konkret und nachvollziehbar

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) spricht sich gegen das Vorhaben der Bundesregierung aus, in vier Meeresnaturschutzgebieten umfangreiche Fangbeschränkungen für die Berufsfischerei zu erlassen. Alle vier liegen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ); sie heißen »Sylter Außenriff«, »Borkum Riffgrund«, »Doggerbank« sowie »Vogelschutzgebiet Östliche Deutsche Bucht«. Die SDN kritisiert das teils widersprüchliche Vorgehen der Regierung und fehlende Basisdaten aus der Fischerei.

»Die zunehmenden Einschränkungen bedrohen in besonderer Weise die Familienbetriebe mit ihren kleinen Kuttern«, stellt der Vorsitzende der SDN fest, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen. Dies habe bei den Fischern erhebliche Unruhe ausgelöst. Sie könnten die Beschneidung der Fanggebiete, neue Berichtspflichten, einen hohen Kontrollaufwand und die Konkurrenz durch industriemäßige Fischer kaum noch verkraften. »Aber wenn sie aufgeben, rücken Großbetriebe nach, die wesentlich intensiver fischen und enorme Schäden in der Natur anrichten können«, fürchtet Harrsen.

Die SDN erinnert daran, dass die Fischerei an der deutschen Küste eine jahrhundertealte Tradition hat. Diese milde Art der Nutzung habe selbst in den Nationalparken so geringe Störungen verursacht, dass der ökologische Wert der Fanggebiete vor rund 15 Jahren die Anmeldung als Natura2000-Gebiete rechtfertigte. Natura 2000 ist ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union. »Wir gingen davon aus, dass die ordnungsgemäßen Nutzungen zum Zeitpunkt der Gebietsanmeldung auch weiterhin Bestandsschutz genießen«, betont der stellvertretende Vorsitzende der SDN, Bürgermeister Gerd-Christian Wagner aus Varel. Diese Haltung sei im Jahr 2011 auch von der Fischereiministerkonferenz der norddeutschen Länder vertreten worden.

Nun aber soll ganzjährig fast ein Drittel der AWZ für grundberührende mobile Fischereiverfahren und Stellnetze gesperrt werden. Andere Flächen sind für Windfarmen, Sandentnahmen, die Verklappung von Hafenschlick oder militärische Zwecke vorgesehen. »Dadurch bleiben für die Fischerei kaum noch Flächen übrig – und diese kleinen Gebiete werden bald völlig überfischt sein, weil alle Kutter sich dort ballen werden«, warnen Harrsen und Wagner. Eine Nachbesserung der Pläne mit einer Abschätzung der Folgen für die Natur, die Fischereibetriebe und auch den Tourismus sei dringend geboten – denn was wären die Nordseehäfen ohne Fischkutter?

Harrsen fordert darüber hinaus, die Beurteilung des ökologischen Zustandes der Nordsee an wissenschaftlich nachvollziehbaren Parametern auszurichten: »Die für die Bundesregierung tätigen Biologen behaupten einfach, die Nordsee sei in schlechtem Zustand. Aber den Beweis bleiben sie schuldig. Das ist doch keine ausreichende Grundlage für ein Fischereiverbot!«

Der Niedersachse Wagner schlägt in die gleiche Kerbe: »Vor Erlass eines Nutzungsverbotes muss nachgewiesen sein, dass die derzeitige Nutzung ursächlich, erheblich und relevant für die Veränderung der biologischen und physikalischen Eigenschaften, also für den schlechten Zustand der Habitate ist.« Auch aus seiner Sicht seien die Ziele des Maßnahmenplanes nicht hinreichend konkret und nachvollziehbar definiert worden.

Mit Sorge sieht die SDN daneben die Verschärfung des Kontrollaufwandes. Kein Berufszweig in Deutschland werde so unter Generalverdacht gestellt wie die Fischerei. Das sei eine extrem schlechte Basis für die Zusammenarbeit. »Zumindest sollte der Bund dafür sorgen, dass der Kontrollaufwand europaweit harmonisiert wird, damit die deutschen Fischer nicht stärker benachteiligt werden als die anderen«, fordert Wagner.

Der Nautische Verein Nordfriesland – ein Mitgliedsverband der SDN – fordert ebenfalls ein Aussetzen des Verbots der Freizeitfischerei in den Naturschutzgebieten, bis hinreichende Erkenntnisse vorliegen, um danach zu entscheiden. »Ein vorsorgliches Verbot ohne solche Erkenntnisse widerspricht den Anforderungen für Gesetzesnormen«, sagte Gerd Seier, Vorsitzender des Vereins, in Husum.

Auch die Managementmaßnahmen für die Berufsfischerei bewertet er kritisch. Großflächige Sperrungen, in denen der Fischfang teilweise oder ganz verboten werden soll, seien der falsche Weg. Denn Windkraft-Cluster, Naturschutzgebiete und weitere gesperrte Räume würden letztlich riesige Gebiete ergeben, in denen Fischfang nicht stattfinden darf. Hier käme es dann zu einem Verdrängungswettbeerb auf den dann noch vorhanden Flächen für die Fischerei. Lediglich die Naturschutzgebiete zu betrachten, sei eine falsche Sicht der Dinge, die Gebiete müssten kumulativ gesehen werden.

Seier stellt fest, dass seit langem erkannt wird, dass der Natur nicht mehr entnommen werden dürfe, als nachwächst. »Nachhaltigkeit sei das Gebot«, das gewährleisten bereits Fangquoten, Mindestmaße und Maschengrößen als Ressourcenschonung. Weitere Gebietssperrungen in der vorgesehenen Größe sind nicht erforderlich. Das Verbot der Berufsfischerei solle daher ausgesetzt werden, bis genaue Kenntnisse über die durch Fischfang verursachten unnötigen Umweltschäden vorliegen und Fanggeräte eingesetzt werden können, die die Umwelt weniger belasten.

Dieser Text im PDF-Format: PM 16-03-25 Sperrung von Meeresschutzgebieten fachlich nicht zu rechtfertigen

 

Nordseeschützer wollen »Nachhaltigkeit« auf dem Meer

Zielkonflikte bei Schifffahrt und Fischerei befürchtet / Neue Naturschutzgebiete geplant

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Von der Öffentlichkeit beinahe unbemerkt, hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit das Verfahren für die Ausweisung umfangreicher Naturschutzgebiete in der Nordsee, aber auch der Ostsee eingeleitet. Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) hat sich mit den drei Planungen für die Nordsee befasst und zeigt sich beunruhigt. Schiffsautobahnen und Windfarmen passen aus Sicht der SDN nicht ins Bild von Naturschutzgebieten.

Für die geplanten Naturschutzgebiete »Borkum Riffgrund« (NSGBRgV) und »Sylter Außenriff – Östliche Deutsche Bucht« (NSGSylV) besteht hinsichtlich des Naturschutzvorrangs ein Zielkonflikt mit Vorrangflächen für die Schifffahrt und die Windkraftnutzung, so der Vorsitzer der SDN, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen. Der Raumordnungsplan sieht für beide Gebiete Vorrangflächen für die Schifffahrt vor. Im Fall »Borkum Riffgrund« handelt es sich um die bedeutendste Schifffahrtslinie für die Ansteuerung der deutschen Häfen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven, die nicht nur der Raumordnungsplan als Vorranggebiet für die Schifffahrt ausweist, sondern die auch nach internationalem Recht als Verkehrstrennungsgebiet gleichsam als Schiffsautobahn ausgewiesen ist. Neben dem Vorrang für die Schifffahrt ist innerhalb der Fläche für das Naturschutzgebiet »Borkum Riffgrund« eine Fläche mit Vorrang für die Windkraftnutzung ausgewiesen. Unterschiedliche »Vorränge« auf ein und derselben Fläche schließen sich aus. Die Festlegung des Vorranges für den Naturschutz führt dazu, dass Schifffahrt und Windkraft sich den Zielen des Naturschutzes anpassen müssen. Das könne nicht hingenommen werden, da hier die Schifffahrt und die wirtschaftlichen Belange der Küste langfristig eingeschränkt werden können, unterstreicht die SDN.

Auch für die Fischerei sieht die SDN neue Probleme. Die Freizeitfischerei werde verboten, obwohl die Entnahme von Fisch vernachlässigt werden kann. Die gewerbliche Fischerei ist von den Verboten ausgenommen. Die Forderung nach Natürlichkeit der Bestandsdichte und arttypischer Altersstruktur sowie nach Störungsfreiheit kann von der Fischerei aber nicht eingehalten werden. Auch die nachhaltige Entnahme von Fisch führt immer zu einer Veränderung und Anpassung des Ökosystems auf einem neuen Niveau. Nachhaltig ist nicht Natürlichkeit. Für die Fischerei sind Einschränkungen zu befürchten, die sich nicht an Nachhaltigkeit, sondern an Natürlichkeit orientieren. Die vorgeschriebenen Bewirtschaftungs- oder Managementpläne müssen das Ziel der Natürlichkeit der Individuenzahl, der Altersstruktur und der Artenzusammensetzung erreichen. Die Regelungskompetenz liege bei der Europäischen Union. Einschränkungen der Nutzung über das Maß der Nachhaltigkeit müssen befürchtet werden. »Einerseits Naturschutz vor den europäischen Küsten und andererseits Fortsetzung des Raubbaues in fernen Meeren wäre eine fatale Entscheidung«, moniert die SDN. Der kommunale Umweltverband fordert, die Naturschutzgebiets-Verordnungen am Ziel der Nachhaltigkeit anzupassen.

Dieser Text im PDF-Format: PM 16-02-18 Naturschutzgebiete Nordsee

Keine Salzlauge aus der Kaliindustrie in den Jadebusen

Bereits während meiner Studienzeit Anfang der sechziger Jahre war die Versalzung der Werra und der Weser durch den Kalibergbau ein viel diskutiertes, aber ungelöstes Problem. Nach den Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes waren die direkten Einleitungen aus der Produktion, aber auch die diffusen Einleitungen aus den Abraumhalden unzulässig. Sie wurden im Ausnahmewege aber immer wieder geduldet. Auf Seiten der DDR war ohnehin nicht mit strengen Auflagen zu rechnen, wenn es um den Erhalt eines bedeutenden Industriezweiges ging. Die Vereinigung beider deutscher Staaten führte zu keiner Verbesserung, denn hüben wie drüben waren Lösungen nicht in Sicht und ökonomische Zwänge vorrangig. Seitdem hat sich nur marginal etwas verändert. Das eigentliche Problem wurde aber nicht gelöst. Die Werra und die Weser blieben ökologisch hochgradig gestörte Gewässer.

Erst mit der Wasserrahmenrichtline (Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates) vom 23. Oktober 2000 entstand ein unabweisbarer Handlungsdruck mit klaren Fristen. Bewirtschaftungspläne für die Gewässer mussten aufgestellt werden mit dem Ziel eines Verschlechterungsverbotes und eines Verbesserungsgebotes zur Erreichung mindestens eines guten chemischen, physikalischen und ökologischen Zustandes. Bis zum Jahr 2009 waren Maßnahmenprogramme zu erstellen, wie dieser gute Zustand erreicht werden kann. Und bis zum Jahr 2015 musste im Grundsatz der gute Zustand erreicht werden.

Die gewaltigen Umweltschäden einerseits und andererseits die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens Kali + Salz GmbH in der Region Thüringen und Hessen bargen ein enormes Konfliktpotential. Die Länder Hessen und Thüringen richteten zur Erreichung konsensfähiger Lösungen 2008 einen »Runden Tisch« aus Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Firma K+S, der Kommunen sowie der Umwelt- und Fischereiverbände ein.

Neben vielfältigen Vermeidungsmaßnahmen an der Quelle, das heißt an den Produktionsstätten der Kaliindustrie, wurde sehr schnell auch der Bau einer Fernleitung für die Salzlauge in die Nordsee diskutiert und vom »Runden Tisch« als die ökologisch beste Lösung favorisiert. Diese Diskussion fand zunächst mehr an Weser und Werra als an der betroffenen Küste statt. Und zunächst habe auch ich laienhaft und oberflächlich gedacht, warum eigentlich nicht, Salzwasser in Salzwasser einzuleiten ist doch kein Problem. Die Fragen der Konzentration und der Einleitungsstelle an der Außenweser oder Außenelbe erschienen mir durchaus lösbar. Ein Problem sah ich eher in einer Emotions- als in einer Sachdiskussion, insbesondere auch hinsichtlich der Außenwirkung auf den Tourismus.

Als 2014 von den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachen das Raumordnungsverfahren zum Bau einer Pipeline für Salzlauge mit Einleitung in den Jadebusen eingeleitet wurde, war es für die SDN an der Zeit, sich ernsthaft in die Diskussion und Planung einzubringen. Der Jadebusen ist nicht nur die letzte große Wattenbucht mit einem austauscharmen Wasserkörper, sondern hat große Bedeutung für die Muscheln, Fische und die Vogelwelt sowie für den Tourismus. Letztlich wurde er wegen seiner enormen Bedeutung für die Ökologie trotz der Nähe zum Hafen- und Wirtschaftsstandort Wilhelmshaven zum Nationalpark erklärt und von der UNESCO als Weltnaturerbe geadelt.

Die SDN brauchte schnell eine fachlich fundierte Entscheidungshilfe für sich und die Mitgliedskommunen sowie für die Vorbereitung eines Kolloquiums, an dem Entscheidungsträger und Betroffene beteiligt sein sollten. Der Vorstand beauftragte das Bremer Büro »gruenblau« für Landschaftsplanung und Umweltberatung von Frau Beate Lange mit der Dokumentation von Verfahren, Daten und Argumenten.

In der von Wolfgang Dormann und Beate Lange vorgelegten Dokumentation werden folgende Punkte deutlich:

• Es gibt Verfahren für die abstoßfreie Produktion. Diesen ist nach dem Eingriffsvermeidungsgebot Vorrang einzuräumen. Andernfalls lägen Verstöße gegen das Abfall-, Wasser- und Naturschutzrecht vor.
• Die Zusammensetzung der Salzlauge entspricht nicht der des Meerwassers. Gefahren für Muscheln und Fischlarven sowie sonstige Organismen gelten als wahrscheinlich.
• Die Einleitung in den Jadebusen würde dem Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie widersprechen.
• Auswirkungen auf den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und Natura2000 sind nicht auszuschließen.
• Es ist damit zu rechnen, dass die sensible Tourismuswirtschaft negativ auf eine Einleitung reagieren wird.

In der Summe sprechen diese Punkte fachlich und rechtsformal eindeutig gegen die Einleitung von Salzlauge in den Jadebusen. Dementsprechend hat sich die SDN 2014 öffentlich gegen die Einleitung positioniert: »Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste wird sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Einleitung wehren«, kündigte der Vorsitzer der SDN, Dieter Harrsen, in einer Pressemitteilung an, in der es weiter hieß: »Er erwartet großen Widerstand entlang der gesamten Nordseeküste. Neben Sachargumenten stünden auch das Wasserrecht und europäische Vorschriften des Meeresschutzes der Einleitung von Salzlauge in den Jadebusen entgegen.«

Überraschend einigten sich K+S und das Hessische Umweltministerium Ende 2015 auf einen Vier-Phasen-Plan, der die Pipeline in den Jadebusen nicht mehr enthält. Soweit es um die Reduzierung der Abwassermengen und die Abdichtung der Abraumhalden geht, ist der Plan unumstritten. Hinsichtlich der Verlagerung der Einleitung von Salzlauge in die Oberweser und die Verpressung von Abfällen in den Untergrund ist der Plan strittig, rechtsbedenklich und in der Realisierung unsicher. Optionen über den Vier-Phasen-Plan – die abstoßfreie Produktion – bieten sich an.

Gleichwohl ist der Plan einer Pipeline in den Jadebusen nicht vom Tisch. Auch wenn derzeit politische Aktivitäten in diese Richtung nicht vorangetrieben werden, ist es Aufgabe der SDN, die Entwicklung wachsam zu beobachten und im Bedarfsfall unverzüglich – wie sagte der erste Vorsitzer der SDN – den Widerstand an der gesamten Nordseeküste zu wecken.

Rudolf-Eugen Kelch
Ehem. Leiter des Umweltamtes des Kreises Nordfriesland
Mitglied im erweiterten Vorstand der SDN, Vorsitzer der SDN von 1998 bis 2010

Dieser Text im PDF-Format: 16-01-18 Keine Salzlauge aus der Kaliindustrie in den Jadebusen

Mehr zum Thema finden Sie hier.

Januar 2016: Sachstandsbericht zur Schaffung einer Deutschen Küstenwache

Deutsche Küstenwache: SDN fordert Umsetzung

Konzept der Staatssekretäre unzureichend / Zusammenarbeit ausgesetzt

(Husum) Seit nunmehr sechsundzwanzig Jahren – lange vor der Havarie der »Pallas« – bemüht sich die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) um eine mögliche Zusammenführung der für die Küstenregionen wichtigen Küstenwachfunktionen in einer gemeinsamen »Deutsche Küstenwache«, getragen vom Bund und den Küstenländern.

Der Bund hat seine schwimmenden Kräfte 1994 in einem in Cuxhaven angesiedelten »Koordinierungsverbund Küstenwache« zusammengelegt und 2002 das Havariekommando als eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer für die Havariebekämpfung eingerichtet. Da jedoch nach wie vor alle Behörden ihre eigenen Zuständigkeiten und Strukturen behalten haben, kann von einer echten Deutschen Küstenwache mit umfassenden Kompetenzen, monokratischen Führungsstrukturen und vor allem Synergieeffekten nicht gesprochen werden.

Als kommunaler Umweltverband hat die SDN vielfältige Initiativen auf Bundes- und Landesebene unternommen, um Politik und Verwaltung von der Zusammenführung der schwimmenden Einsatzkräfte, zunächst auf Bundesebene, zu überzeugen. Ein solcher Beschluss kann im Bundeskabinett ohne Änderung des Grundgesetzes erfolgen. Erst danach soll mit den Küstenländern über eine Einbindung ihrer Vollzugskräfte als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe gesprochen werden; hier wäre eine Grundgesetzänderung erforderlich.

Die Parteien: als Opposition für die Küstenwache, als Regierung dagegen

Obwohl viele Artikel in der Fachpresse die Notwendigkeit der Etablierung einer gemeinsamen Deutschen Küstenwache untermauern, hat es in den letzten Jahren kaum Fortschritte gegeben. Nach der Einrichtung des Havariekommandos – von der SDN als wichtiger Baustein im Küstenwachsystem bezeichnet – hat die Politik keine ernsthaften Beschlüsse in dieser Richtung mehr gefasst.

Zwar hatten die heutigen Fraktionen der Regierungskoalition seinerzeit als Opposition jeweils Anträge in diese Richtung gestellt, in der Regierungsverantwortung jedoch lehnten die jeweiligen Fraktionen das Vorhaben stets ab.

Staatssekretäre »beerdigen« Eckpunktepapier des Bundesinnenministers

Als der jetzige und damalige Innenminister Thomas de Maizière im März 2010 ein sogenanntes »Eckpunktepapier« für die Zusammenfassung der schwimmenden Verbände auf Bundesebene vorlegte, war die Einigkeit in der Gegnerschaft bei den Verwaltungen auf Bundesebene »gravierend«. Die Bundespolitik hat es nicht vermocht, hier eine eigene Position einzunehmen und anders zu entscheiden.

Die norddeutschen Küstenländer verwiesen bei diesem Thema stets auf den damaligen niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann, der ebenso eine strikte Ablehnung vertrat, obwohl eine fachliche Befassung mit dem Thema nicht zu erkennen war. Dafür hat das Land achtzig Planstellen gestrichen und besitzt nur noch ein seegehendes Boot, das es sich mit dem Bundesland Bremen teilt. Auch Bremen hat stets auf seinen ureigenen Rechten zur Ausübung des allgemeinen und schifffahrtspolizeilichen Vollzugs bestanden, um danach einen Teil der Wasserschutzpolizei aufzulösen!

Als Reaktion auf Thomas de Maizières Eckpunktepapier legten die Staatssekretäre der betroffenen Bundesministerien ein Einigungspapier mit Maßnahmen vor, die eine Küstenwache überflüssig machen sollten. In dieser »Cuxhavener Erklärung« heißt es unter anderem:

• Einrichtung einer Bundesleitstelle im Gemeinsamen Lagezentrum-See mit einem Zentralen Kontaktpunkt,
• Ausweisung gemischter Besatzungen von Bundespolizei und Zoll – soweit sinnvoll – auf den Schiffen der Fischereiaufsicht und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung,
• Entwicklung gemeinsamer Einsatzkonzepte auf See,
• Zusammenführung der Aus- und Fortbildung einschließlich Nachwuchsgewinnung,
• Zentralisierung der Bereederung, insbesondere der Technik, Logistik und Instandhaltung.
Aus Sicht der SDN ist es zwar sinnvoll, diese Maßnahmen durchzuführen, aber von einer Küstenwache mit einer gemeinsamen monokratischen Führung, in der die Bereiche »Safety« und »Security« für die Sicherheit eine Staates abgedeckt werden, sind diese Vorschläge meilenweit entfernt.

Auch mit dem Hinweis, es gebe inzwischen das gemeinsame Havariekommando von Bund und Küstenländern als Einsatzleitung im Falle »komplexer Schadenslagen« sowie das Maritime Sicherheitszentrum, lehnte die Bundesregierung bisher Forderungen nach einer Zusammenlegung der verschiedenen Dienststellen zu einer gemeinsamen Küstenwache ab.

Grundgedanke einer Küstenwache nicht verstanden?

An dieser Haltung ist zu erkennen, dass die Verwaltungen Änderungen grundsätzlich ablehnen und ausschließlich mit Gegenargumenten agieren. Ebenso erhärtet sich der Verdacht, dass die Philosophie einer Küstenwache seitens ihrer Gegner nicht verstanden worden ist. Man erkennt nur die Aufgaben der Havariebekämpfung und vernachlässigt bei der Betrachtung das »vorsorgende Element« der Schadens- und Unfallverhinderung. Bei diesem Thema stellt sich nicht die Frage: Havariekommando ODER Küstenwache, sondern die Zielrichtung lautet: eine Küstenwache mit umfassenden präventiven Aufgaben im Bereich von Safety und Security, in der das Havariekommando einen wichtigen Baustein darstellt. Das bedeutet: ein gemeinsames, vorsorgendes und unfallbekämpfendes System mit mehreren Komponenten und Einsatzstufen. Daher hat sich die SDN auch stets für die Integration des so wichtigen Havariekommandos in eine Küstenwache ausgesprochen.

Der Steuerzahler könnte einen zweistelligen Millionenbereich pro Jahr sparen

Ebenso fällt auf, dass bei Anfragen oder Erklärungen nur das Bundesministerium für Verkehr und Infra-struktur (BMVI) reagiert und in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, obwohl »Security«-Fragen in der Zuständigkeit des Innenministers liegen. Bei der täglichen Arbeit im derzeitigen »Koordinierungsverbund Küstenwache« und bei der Erstellung von Einsatzkonzepten wiederum verhalten sich die nachgeordneten Behörden bemerkenswert »neutral«.

Gleiches gilt für die Zollverwaltung und das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMFL). Letztere sind zwar nicht direkt für derartige Fragen zuständig, sie sind aufgrund ihrer Tätigkeiten und Anwesenheit auf den Meeren jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil einer gemeinsamen Küstenwache. Das zeigt sich in der wichtigen Zusammenarbeit zwischen Bundespolizei und Zoll. Schließlich werden auf Länderebene Sicherheitsfragen auch vom Innenminister und nicht von den Verkehrsministern bearbeitet. Und der Profiteur wäre ohnehin der Bundesfinanzminister, da bei einer Zusammenlegung von Personal, Ausbildung und gemeinsamer Materialbeschaffung und -bewirtschaftung erhebliche Summen eingespart werden würden. Die SDN spricht von einem zweistelligen Millionenbereich pro Jahr.

»Dass es jedoch im Sinne der Effizienz und der begrenzten Haushaltsmittel durchaus Sinn macht, über eine gemeinsame Küstenwache sowie über eine gemeinsame Bereederung der Bundesschiffe und eine bessere Koordination (auch mit weiteren Stellen wie den Küstenländern) nachzudenken, zeigen unter anderem die Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages aus der 17. Wahlperiode (…),« so heißt es dann auch richtigerweise in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,  Drucksache 18/5850.

Eine Leitstelle, die nicht leitet

Die Verwaltung weist auf die Zuständigkeiten aufgrund der jetzigen Verwaltungsstrukturen hin und hält die Eckpunkte der Cuxhavener Erklärung für ausreichend. Betrachtet man die Punkte jedoch näher, kommen Zweifel hinsichtlich der Effizienz und der Wirksamkeit im Alltag auf. So ist die Bundesleitstelle zwar offiziell etabliert, hat jedoch keine Führungsfunktion, es gibt keine Auftragsbeschreibung oder Dienstanweisungen. Die Leiterin kann nicht in die originären Zuständigkeiten der beteiligten Bundesbehörden eingreifen. Wieso ist es dann eine »BundesLEITstelle«?

Freiwillige Zusammenarbeit schon wieder ausgesetzt

Auch der Einsatz von gemeinsamen Besatzungen wirft derzeit Fragen auf. Dieser an sich vernünftige Vorschlag findet seine Grenzen im allgemeinen Arbeitsrecht. Es mussten zunächst Beamte gesucht werden, die sich freiwillig daran beteiligen wollen, da die jeweiligen Behörden ihre eigenen Zuständigkeiten behalten, also auch die Personalhoheit. Dank der Flexibilität des Personals von Bundespolizei und Zoll hat dieses System funktioniert. Doch nun hat die Bundespolizei die Zusammenarbeit aufgrund der aktuellen politischen Lage für zunächst drei Monate ausgesetzt, da ihre Beamten im Rahmen der grenzpolizeilichen Aufgaben ihre Kollegen in Bayern verständlicherweise unterstützen müssen. Und schon funktioniert das beschriebene System nicht mehr, da die getrennten Zuständigkeiten und Verantwortungen Vorrang gegenüber Verwaltungsvereinbarungen haben.

Ähnlich verhält es sich bei den »gemeinsamen« Einsatzkonzepten«. Das BMVI und BMFL haben sich zwar marginal an der Erstellung beteiligt, ihre Einsatzkräfte aber nicht in diese eingebunden. »Die von Bundespolizei und Zollverwaltung erarbeitete ›Gemeinsame Einsatzkonzeption von Bundespolizei und Zoll für die maritime Aufgabenwahrnehmung‹ bildet das Kernstück der gemeinsamen operativen seeseitigen Einsatzorganisation von Bundespolizei und Zoll. Sie ist die Grundlage für die gemeinsame Einsatzplanung«, heißt es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage.

Mit Strukturänderung und monokratischer Führung ist das allerdings nicht vergleichbar. Im Rahmen des Grundgesetzes können die Behörden sich nur im Rahmen von »Amtshilfe« und »Organleihe« unterstützen. Diese Begriffe unterliegen im verwaltungsmäßigen Handeln allerdings nur begrenzten Möglichkeiten und sind nicht auf Dauer ausgelegt. Es ist daher zu hoffen, dass die begonnene gemeinsame Ausbildung und Fortbildung weiterhin durchgeführt wird. Hier wurden bisher gute Ergebnisse verzeichnet.

Gemeinsame Beschaffung würde sich auch bei Schiffen lohnen

Und die Zentralisierung der Bereederung ist angesichts der zukünftigen Haushaltssituation und der aktuellen Lage eine unbedingte Voraussetzung. Gerade auf diesen Bereich sollten die Haushaltspolitiker mehr Aufmerksamkeit legen als bisher. Die unterschiedlichen Schiffstypen generieren Kosten, die es in Zukunft zu vermeiden gilt. Hier sollten nach dem Prinzip der »Bausteine« die verschiedenen Aufgaben im schifffahrtspolizeilicher Vollzug berücksichtigt und die Schiffe entsprechend ihrer Spezialaufgaben modulhaft ausgerüstet werden. Die derzeit laufenden Planungen für die Ausschreibungen lassen erkennen, dass wiederum jede Verwaltung für sich plant, da die derzeitigen gesetzlichen Regelungen dieses auch verlangen. Bei einer einheitlichen Küstenwache würde allerdings eine gemeinsame Grundsatzplanung mit Spezialisierung erfolgen. Das erscheint kostengünstiger als das jetzige System.

Die verschiedenen Behörden besitzen teilweise unterschiedliche Schiffstypen für die Hohe See und den Flachwasserbereich, und eine Diversifizierung wird auch zukünftig erforderlich sein. Gleichwohl könnten hier die teilweise zuständigen Bundes- und Landesdienststellen zumindest in der Beschaffung kostensparend zusammenarbeiten. Denn schließlich sind sie alle immer noch deutsche Behörden!

In der erwähnten Kleinen Anfrage der Grünen sind fast 350 Millionen Euro für Neubauten vorgesehen, noch nicht bekannt sind die Summen für die dringend erforderlichen Neubauten der Bundespolizei. Diese Summen erfordern in der momentanen haushälterischen Lage eine neue Betrachtungsweise in der Planung und Beschaffung. Nun soll es für das Jahr 2016 eine Evaluierung des Küstenwachverbundes geben. Das wäre dann die dritte angekündigte »Evaluierung« vor einer Wahl. Bei den letzten Evaluierungen hatte es seitens der Verwaltung immer geheißen: »Das bestehende System hat sich bewährt!«

Hans von Wecheln
Vorstandssprecher und Leiter der Arbeitsgruppe Küstenwache der SDN
im Januar 2016

Dieser Text im PDF-Format: 16-01-11 Sachstandsbericht Deutsche Küstenwache

Sehr viel mehr zum Thema finden Sie hier.

Kontakt zum Autor:
Tel.: 04841 2240
Fax: 03 222 469 244
Mobil: 0172 411 23 87
E-Mail:
sdn.husum@t-online.de

Neue Einheiten für ein modernes Küstenwachsystem

Nordseeschützer loben Haushaltspolitiker / Zusammenfassung der schwimmenden Verbände nötig

(Husum, Cuxhaven, Varel i.O.) Die Beschaffung neuer Patrouillenboote zur Überwachung der deutschen Küsten findet auch die Zustimmung der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste SDN. Der kommunale Umweltverband bezeichnet die Entscheidung als einen »wichtigen Beitrag zu einem effektiveren Küstenwachsystem«. Mit den vorhandenen und den neuen Einheiten der seegehenden Boote von Bundespolizei und Zoll sollen nach Meinung der Nordseeschützer die Prioritäten verstärkt auf präventive Einsätze auf See gelegt werden, um möglichst im Vorfeld von Havarien vorsorgend überwachend tätig zu werden. »Die Bundestagsabgeordneten Hagedorn und Brackmann haben hier mit ihren Ausschusskollegen ein deutliches Signal für Bedeutung eines modernen Küstenschutzes gesetzt«, meint ein Sprecher des Verbandes
Die SDN weist darauf hin, dass bis zum Jahr 2030 sich der Schiffsverkehr auf der Ostsee nahezu verdoppeln werde – diese Verkehre würden ebenfalls in oder von der Nordsee kommen, in der wiederum großflächigen Offshore-Windfarmen implementiert werden. Auch die weltpolitische Lage mit möglichen gefährlichen Aktivitäten für die Sicherheit eines Küstenstaates erfordern eine neue Betrachtung und die Zusammenführung von »Safety« (Schiffshavarien) und »Security« (terroristische Aktivitäten), meint die SDN. Von daher sei es erforderlich, neben anderen Maßnahmen, wie verbesserte Schiffslenkungen in bestimmten Gebieten oder neue elektronische Datenübertragungen, auch eine effektivere Zusammenfassung der schwimmenden Verbände der einzelnen Behörden von Bund und Ländern vorzunehmen, unterstreicht der Verband.

Dieser Text als PDF: PM 15-11-14 Haushaltsentscheidung

Meeresschutzaufgaben gemeinsam erfüllen

Planstellenabbau bei Polizei einstellen / Deutsche Küstenwache einrichten

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) »Nun hat auch Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen einer Polizeistrukturreform Planstellen abgebaut. Die verbliebenen Beamten arbeiten laut Aussage ihres Sprechers im Grenzbereich, und ein weiterer Abbau würde die Durchführung bestimmter Aufgaben gefährden«, warnt der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen. Er fordert die Politiker von Bund und Küstenländern erneut auf, sich nicht länger hinter wohlformulierten Briefen der Verwaltung zu verstecken, sondern sich den »praktischen Fragen des allgemeinen und schifffahrtspolizeilichen Vollzugs« zu stellen.

Obwohl die Aktivitäten auf See ständig zunehmen, seien alle Wasserschutzpolizeien erheblich reduziert worden, stellt Harrsen fest. So werde zurzeit ein weiterer Windpark in der Ostsee fertiggestellt, die Fehmarnbelt-Problematik sei noch nicht gelöst, und in Schleswig-Holstein solle nur noch eine einzige Dienststelle das Küstenmeer »von Sylt bis zur Elbe« abdecken – angeblich ohne Einschränkung der Aufgaben. Niedersachsen habe bereits viele Planstellen gestrichen, und Bremen habe seine Wasserschutzpolizei fast vollständig aufgelöst. Mit dieser Situation könnten die Kreise und Kommunen an der Küste nicht zufrieden sein, begründet der Nordseeschützer die Kritik der SDN-Mitglieder.

Zwar könne Harrsen die haushälterischen Probleme nachvollziehen, doch allein durch Streichung von Planstellen sei die Situation nicht lösbar, denn dem Meeresschutz werde auf anderen Ebenen ein hoher Stellenwert eingeräumt – etwa bei der Pflicht zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU und anderen internationalen Regelungen. »Das wird die einzelnen Länder überfordern. Deshalb brauchen sie zukünftig einen neuen Ansatz, um ihre Aufgaben zu erfüllen«, analysiert Harrsen.

Er weist darauf hin, dass sich der Schiffsverkehr auf der Ostsee bis zum Jahr 2030 nahezu verdoppeln wird. Ein Großteil dieser Schiffe befahre auch die Nordsee, in der ebenfalls großflächige Offshore-Windfarmen errichtet werden. Auch die neuen Gefahren für die Sicherheit der Küstenstaaten durch die weltpolitische Lage erforderten die Zusammenführung der Behörden für »Safety« (Schiffshavarien) und »Security« (Abwehr terroristischer Aktivitäten) auf See, betont der Landrat.

Dazu gehöre unter anderem die effektivere Zusammenfassung der schwimmenden Verbände von Bund und Ländern zu einer »Deutschen Küstenwache«. Der Bund solle daher seine starre Haltung aufgeben und die Möglichkeit der Etablierung einer Küstenwache gemeinsam mit den Ländern – auch unter finanziellen Aspekten – diskutieren. Bisher hätten die jeweiligen Verwaltungen bis auf eine Ausnahme jegliche Diskussion abgelehnt oder Gegenargumente konstruiert, die aber die Probleme nicht lösen.

Als Beispiel führt Harrsen die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) an. Ihr hatte die Regierung Ende Mai mitgeteilt, bis Ende 2016 solle der bestehende Küstenwachverbund auf seine Effizienz hin untersucht werden.

Für Harrsen ist das ein insgesamt mageres und »politisches« Ergebnis, denn dies sei bereits die zweite Evaluierung vor einer Wahl. Auch die vor drei Jahren eingeführte Bundesleitstelle habe immer noch kein Betriebskonzept und sei zudem ein zusätzliches, teures Prestigeobjekt neben den bereits vorhandenen Einheiten, also dem Havariekommando, dem Gemeinsamen Lagezentrum See und der Leitstelle der Wasserschutzpolizeien der Küstenländer.

»Die Politik muss endlich klare Vorgaben machen. In einem ersten Schritt könnten die beteiligten Bundesbehörden durch einen einfachen Kabinettsbeschluss in einer Bundesbehörde zusammengefasst werden«, fordert der Leiter des Arbeitskreises Küstenwache der SDN, Hans von Wecheln. Innenminister Thomas de Maizière habe bereits vor vier Jahren einen vernünftigen Vorschlag unterbreitet. Darauf aufbauend, sollten die noch vorhanden Kräfte der Wasserschutzpolizeien anschließend als gleichberechtigter Partner in diese neue Struktur integriert werden. »Das bereits vorhandene Havariekommando bildet einen wichtigen Baustein der Küstenwache«, betonen die beiden SDN-Vertreter.

Die SDN ist ein Zusammenschluss von Kreisen, Kommunen, Vereinen, Wirtschaftsverbänden und Privatleuten an der deutschen Nordseeküste zu einem Umweltschutzverband. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sie sich für die Erhaltung der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum.

PM 15-08-18 Meeresschutzaufgaben gemeinsam erfüllen

Länder sollen Polizei stärken oder Aufgaben abgeben!

SDN: Länder sollen Polizei stärken oder Aufgaben abgeben!
Kripo nicht mit Bootsdiebstählen belasten / Küstenwache mit den Ländern aufbauen

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Erneut hat sich der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen, in die Diskussion um die Reduzierung der Planstellen der Wasserschutzpolizei eingeschaltet. Angesichts der zunehmenden Diebstähle von Jachten und Bootsmotoren in Schleswig-Holstein – wie zu Beginn der Woche mitgeteilt wurde – fordert er den schleswig-holsteinischen Innenminister Stefan Studt auf, seine Pläne zu überdenken.

Zwar sei es nicht primär die Aufgabe der Wasserschutzpolizei, Diebstähle in Häfen aufzuklären, jedoch erfordere dies maritime Sachkenntnis und auch Personal, das diese Aufgabe erfüllen könne. Dem Argument des Leiters der Polizeiabteilung im Innenministerium, Jürgen Muhlack, diese Tätigkeit könne auch von der Kripo übernommen werden, entgegnet Harrsen, dass bereits die sich häufenden Einbrüche an Land Personal bei der Kripo binden und zusätzlich belastend auf deren Arbeit wirken werde.

„Schleswig-Holstein ist nun mal ein Land zwischen den Meeren mit allen daraus resultierenden maritimen Tätigkeiten, und dazu gehört auch und insbesondere der Schiffsverkehr, beruflich wie privat“, unterstreicht Harrsen. Das Land habe gegenüber diesem Wirtschaftszweig die entsprechende Schutzfunktion auszuüben.

Insgesamt hält Harrsen die Situation der Wasserschutzpolizeien besonders an der Nordsee für dringend diskussionswürdig. So habe das Land Bremen seine Wasserschutzpolizei mit den entsprechenden Wasserfahrzeugen aufgelöst, obwohl die Aufgaben geblieben seien. Die grenzpolizeilichen Tätigkeiten werden in Bremen seitdem von der Bundespolizei wahrgenommen, und zwei Tage pro Woche „teilt“ sich das Bundesland Bremen mit Niedersachsen ein seegehendes Polizeiboot.

Auch Niedersachsen hat bisher über achtzig Planstellen gestrichen und besitzt nur noch ein seegehendes Boot für das gesamte Küstenmeer. Zeitweise hatte man sich sogar von Schleswig-Holstein ein Boot geliehen, wenn das eigene Boot aus technischen Gründen nicht einsetzbar war.

Eine derartige Situation an der deutschen Nordseeküste ist für die SDN, so Harrsen, nicht hinnehmbar. Derzeit werde die Nordsee mit erheblichen Planungen und dem Bau von Offshore-Windenergieparks industrialisiert. Berechnungen gehen von zunehmenden Containergrößen im Schiffsverkehr aus, und die allgemeine weltweite Sicherheitslage erfordere auch die Einbeziehung von möglichen terroristischen Aktivitäten in ein nationales Sicherheitskonzept.

Da die Länder sich bisher weigern, eine neue, den Umständen angepasste Organisationsform aufzubauen, kritisieren die Küstenkreise, dass sie die erforderlichen Ressourcen im Küstenmeer nicht vorhalten. So seien etwa die Bundespolizei und der Wasserzoll im Jahr mit jeweils mehr als zehntausend Seestunden im Einsatz. „Die Länder hingegen erbringen nicht einmal ein Drittel davon, obwohl sie in der Vergangenheit immer behauptet haben, der schifffahrtspolizeiliche Vollzug spiele sich im Küstenmeer ab, so dass die von der SDN geforderte Küstenwache nicht benötigt werde“, betont Dieter Harrsen. Daher fordere der Verband die verantwortlichen Politiker erneut auf, diesen Widerspruch zu lösen.

Wenn die haushälterische Situation so knapp sei, dann sollten die Länder auch so ehrlich sein und die ihnen in den fünfziger Jahren übertragenen Aufgaben des schifffahrtspolizeilichen Vollzugs an den Bund zurückgeben. Damals hatte der Bund den Ländern diese Aufgabe wegen des Fehlens eigener Kräfte übertragen. Heute besitzt der Bund aber eine eigene „Bundespolizei See“. Würde sie mit dem Wasserzoll zu einer „Deutschen Küstenwache“ zusammengeschlossen, könnte diese als einheitliche Organisation mit monokratischer Führung und dem vorhandenen Personal und Material die Nordsee überwachen. Der noch vorhandene Teil der Wasserschutzpolizeien der Länder sollte durch einen Staatsvertrag in diese Behörde integriert werden.

Somit könnten sich die Länder auf lange Sicht finanziell entlasten, und gleichzeitig wäre der Schutz der Küsten effektiver und kostengünstiger gewährleistet, fasst Harrsen zusammen.

Dieser Text als PDF-Datei: PM 15-07-17 Länder sollten Wasserschutzpolizei an Bund zurückgeben