Großschiffe weg von der Küste

Havarie der MSC ZOE macht Verantwortung des Menschen für Folgen seines Handelns deutlich

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Quelle Foto: SDN/Andryszak

Varel/Brunsbüttel/Oldenburg. In der Sturmnacht vom 1. auf den 2. Januar 2019 hat das Groß-Containerschiff MSC ZOE 342 Container vor den Nordseeinseln von Ameland bis Borkum verloren. Eine Havarie, deren Folgen die Lebensräume Wattenmeer und südliche Nordsee noch auf unabsehbare Zeit stark belasten wird. In gut eineinhalb Jahren ist es deutschen, niederländischen und panamaischen Havarie-Experten mittlerweile gelungen, einen Abschlussbericht zum Unfall zu fertigen. Dieser ist nun heute auch der breiten Öffentlichkeit präsentiert worden.

Allerdings sind sich die Experten demnach nicht in allen Punkten einig geworden; insbesondere in der Frage, ob eine mögliche Bodenberührung des Schiffes bei starkem Wellengang eine wesentliche Rolle gespielt habe. Den Niederländern reicht allerdings schon der Verdacht auf ein solches Risiko. Sie warnen große Schiffe bereits seit Herbst letzten Jahres davor, bei sehr schlechtem Wetter die relativ flache küstennahe Route zu wählen. Die zuständigen deutschen Behörden tun das allerdings nicht. Sie wollten auf ein entsprechend eindeutiges Votum im Abschlussbericht der deutschen Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) warten. Und ein solches gibt es nicht. Vielmehr ist laut BSU-Unfallbericht nicht klar, welches Phänomen oder welche Kombination der vier Phänomene (extreme Bewegungen und Beschleunigungskräfte, Kontakt oder Beinahekontakt zum Meeresboden, grünes Wasser und Slamming) zum Containerverlust führte.

Aber aus Sicht der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste steht in jeden Fall fest, dass auf der Schifffahrts-Route nahe der Küste und ihren Inseln besondere Wind-, Wellenbedingungen und Tideverhältnisse zu beträchtlichen Eintauch- und Rollbewegungen großer Schiffe führen können. Und das bedeute, andere Schiffe ähnlicher Abmessungen können bei ähnlichem Wetter und (vor allem) Wellengang ähnliches erfahren und somit die Umwelt der Nordseeküste nebst ihrer Bewohner gefährden.

Somit sieht es die SDN im Sinne „Prävention statt Reaktion“ als zwingend nötig an, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die eine mögliche Havarie möglichst vermeiden helfen. Wozu sowohl schiffbauliche wie personale als auch verkehrsführende Aspekte gehören. Denn ein havariertes Schiff allein kann schon die Nordseeküste zerstören! Denn die Großschiffe transportieren nicht nur ihre Ladung sondern auch noch tausende Tonnen Öl.

Und wieder einmal steht umsichtige Vorsorge für die Umwelt mit kurzsichtigen Entscheidungen im Widerstreit”, ärgert sich Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN). Als kommunaler Umweltverband setzt sich die SDN unter anderen für die Interessen der Landkreise und rund 200 Kommunen entlang der deutschen Nordseeküste ein. Dabei streitet sie insbesondere auch für eine stete Minimierung des Gefährdungspotentials durch den Schiffsverkehr. “Es darf einfach nicht sein, dass die Sicherheit von Nordsee, Natur und Mensch den Bedingungen des Kommerzes ausgeliefert werden”, appelliert der SDN-Vorsitzende.

Und zudem, menschlicher Technik sei es nun einmal nicht möglich, alle durch Menschen verursachte Störungen wieder zu beheben, geschweige denn erfolgte Schäden zu beheben, ist Wagner überzeugt. So sei es aus Sicht der SDN, neben einer umwelt-schutzgerechten Verkehrs- planung und nicht zu hoch gestapelter Containerlagen an Deck, zwingend geboten, die Nutzung geeigneter Verkehrstrennungsgebiete mit größerer Wassertiefe für Groß-Schiffe wie Mega-Containerfrachter vorzuschreiben.

Aber Position der SDN auch dabei ist und muss sein „Prävention statt Reaktion“!

“Es darf nicht sein, dass die Sicherheit von Nordsee, Natur und Mensch den Bedingungen des Kommerzes ausgeliefert werden”, blickt Wagner in Richtung Zukunft.

Mit freundlicher Bitte um Veröffentlichung,

SDN Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V.

– Pressestelle –

Peter Andryszak

pressestelle@sdn-web.de

0172-4363439

www.sdn-web.de

PM als PDF: 20-06-25 SDN_PM MSC ZOE

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN)

ist ein überregionaler und gemeinnütziger Umweltschutz-Dachverband, der 1973 ins Leben gerufen wurde und sich seitdem sachlich-fachlich und partei-übergreifend für den Schutz der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum engagiert. Sie dient rund 200 Kommunen, Landkreisen, Naturschutzvereinen, Instituten, Verbänden und Einzelmitgliedern als Sprachrohr. Gemeinsames Ziel: die Eigenarten und Schönheiten der Nordsee, des Wattenmeeres und der angrenzenden Küste vor schädigenden Eingriffen durch den Menschen zu schützen und Probleme des Nordseeschutzes einer Lösung zuzuführen.

Einige Maßnahmen der letzten Jahrzehnte, bei denen die SDN als Lobbyverband die Belange der Küste vertreten hat und die inzwischen als weitgehend abgearbeitet gelten dürften, sind die Dünnsäure-, Abfall-, und Klärschlammverklappung, die Anschaffung moderner Notschlepper, das Notschleppkonzept, Antifouling, Luftüberwachung, Ballastwasser, Tankreinigung, MARPOL I bis IV, u.a.m.

Die SDN ist Mitglied der KIMO International: http://www.kimointernational.org