Länder sollen Polizei stärken oder Aufgaben abgeben!

SDN: Länder sollen Polizei stärken oder Aufgaben abgeben!
Kripo nicht mit Bootsdiebstählen belasten / Küstenwache mit den Ländern aufbauen

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Erneut hat sich der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen, in die Diskussion um die Reduzierung der Planstellen der Wasserschutzpolizei eingeschaltet. Angesichts der zunehmenden Diebstähle von Jachten und Bootsmotoren in Schleswig-Holstein – wie zu Beginn der Woche mitgeteilt wurde – fordert er den schleswig-holsteinischen Innenminister Stefan Studt auf, seine Pläne zu überdenken.

Zwar sei es nicht primär die Aufgabe der Wasserschutzpolizei, Diebstähle in Häfen aufzuklären, jedoch erfordere dies maritime Sachkenntnis und auch Personal, das diese Aufgabe erfüllen könne. Dem Argument des Leiters der Polizeiabteilung im Innenministerium, Jürgen Muhlack, diese Tätigkeit könne auch von der Kripo übernommen werden, entgegnet Harrsen, dass bereits die sich häufenden Einbrüche an Land Personal bei der Kripo binden und zusätzlich belastend auf deren Arbeit wirken werde.

„Schleswig-Holstein ist nun mal ein Land zwischen den Meeren mit allen daraus resultierenden maritimen Tätigkeiten, und dazu gehört auch und insbesondere der Schiffsverkehr, beruflich wie privat“, unterstreicht Harrsen. Das Land habe gegenüber diesem Wirtschaftszweig die entsprechende Schutzfunktion auszuüben.

Insgesamt hält Harrsen die Situation der Wasserschutzpolizeien besonders an der Nordsee für dringend diskussionswürdig. So habe das Land Bremen seine Wasserschutzpolizei mit den entsprechenden Wasserfahrzeugen aufgelöst, obwohl die Aufgaben geblieben seien. Die grenzpolizeilichen Tätigkeiten werden in Bremen seitdem von der Bundespolizei wahrgenommen, und zwei Tage pro Woche „teilt“ sich das Bundesland Bremen mit Niedersachsen ein seegehendes Polizeiboot.

Auch Niedersachsen hat bisher über achtzig Planstellen gestrichen und besitzt nur noch ein seegehendes Boot für das gesamte Küstenmeer. Zeitweise hatte man sich sogar von Schleswig-Holstein ein Boot geliehen, wenn das eigene Boot aus technischen Gründen nicht einsetzbar war.

Eine derartige Situation an der deutschen Nordseeküste ist für die SDN, so Harrsen, nicht hinnehmbar. Derzeit werde die Nordsee mit erheblichen Planungen und dem Bau von Offshore-Windenergieparks industrialisiert. Berechnungen gehen von zunehmenden Containergrößen im Schiffsverkehr aus, und die allgemeine weltweite Sicherheitslage erfordere auch die Einbeziehung von möglichen terroristischen Aktivitäten in ein nationales Sicherheitskonzept.

Da die Länder sich bisher weigern, eine neue, den Umständen angepasste Organisationsform aufzubauen, kritisieren die Küstenkreise, dass sie die erforderlichen Ressourcen im Küstenmeer nicht vorhalten. So seien etwa die Bundespolizei und der Wasserzoll im Jahr mit jeweils mehr als zehntausend Seestunden im Einsatz. „Die Länder hingegen erbringen nicht einmal ein Drittel davon, obwohl sie in der Vergangenheit immer behauptet haben, der schifffahrtspolizeiliche Vollzug spiele sich im Küstenmeer ab, so dass die von der SDN geforderte Küstenwache nicht benötigt werde“, betont Dieter Harrsen. Daher fordere der Verband die verantwortlichen Politiker erneut auf, diesen Widerspruch zu lösen.

Wenn die haushälterische Situation so knapp sei, dann sollten die Länder auch so ehrlich sein und die ihnen in den fünfziger Jahren übertragenen Aufgaben des schifffahrtspolizeilichen Vollzugs an den Bund zurückgeben. Damals hatte der Bund den Ländern diese Aufgabe wegen des Fehlens eigener Kräfte übertragen. Heute besitzt der Bund aber eine eigene „Bundespolizei See“. Würde sie mit dem Wasserzoll zu einer „Deutschen Küstenwache“ zusammengeschlossen, könnte diese als einheitliche Organisation mit monokratischer Führung und dem vorhandenen Personal und Material die Nordsee überwachen. Der noch vorhandene Teil der Wasserschutzpolizeien der Länder sollte durch einen Staatsvertrag in diese Behörde integriert werden.

Somit könnten sich die Länder auf lange Sicht finanziell entlasten, und gleichzeitig wäre der Schutz der Küsten effektiver und kostengünstiger gewährleistet, fasst Harrsen zusammen.

Dieser Text als PDF-Datei: PM 15-07-17 Länder sollten Wasserschutzpolizei an Bund zurückgeben

»Kritische Anlagen« auf See erfordern präventiven Schutz

Vorschläge bisher nicht berücksichtigt / Nordseeschützer wollen Küstenwache

Husum/Cuxhaven/Varel i.O) Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) wendet sich erneut an die Bundes-und Landtagsabgeordneten der norddeutschen Küstenländer und fordert sie auf, sich dem Thema einer Deutschen Küstenwache nicht länger zu verschließen. Angesichts zunehmender Seetransporte und der großflächigen Industrialisierung von Nord- und Ostsee mit Offshore-Windfarmen ist es nach Meinung des Verbandes an der Zeit, die Sicherheitslage zu überdenken und der Realität anzupassen.

Der Ausbau der Offshore-Windkraftnutzung sei durch den neuen Energiekompromiss der Regierung nunmehr gesichert worden und werde aufgrund der Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren zu verstärkten Aktivitäten auf Hoher See führen. Bei diesen Anlagen, so der Vorsitzende der SDN, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen, handelt es sich um sogenannte »kritische Infrastrukturen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.« Für ihn sei es daher erstaunlich, dass die Industrie Milliarden investiere, ohne diese Investitionen durch ein umfassendes Sicherungskonzept gegen Ausfälle von außen zu schützen.

In Verbindung mit der Industrialisierung der Nordsee durch Energiegewinnung und der weiteren Zunahme der Schifffahrt nehme das Havarierisiko exponentiell zu, ohne dass die Bundesregierung oder Europa auf diese Gefahrenlage angemessen reagieren.

Die SDN sieht sich bestätigt in ihrer Auffassung durch einen Bericht des »SPIEGEL«, nach dem die Bundesregierung bis jetzt keinen speziellen Plan habe, wie die empfindlichen Übertragungsanlagen von Offshore-Windparks im Falle eines treibenden Schiffes oder möglichen terroristischen Angriffs gesichert werden könnten.

Derzeit sei geplant, in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) die Schiffe zwischen den Windfarmen auf mehr oder weniger enge Korridore zu konzentrieren, was die Wahrscheinlichkeit der Havarie Schiff/Schiff oder Schiff/Windenergieanlage bei Maschinen- oder Ruderausfall erhöhe, erläutert der Leiter des Arbeitskreises »Küstenwache« der SDN, Hans von Wecheln. Wie dramatisch die Entwicklung wird, werde in einer Studie des Maritimen Zentrums der Fachhochschule Flensburg nachgewiesen. Notwendige Havarie-vermeidende Maßnahmen seien daher die Festlegung von Kollisionsverhütungsregelungen in engen Fahrwassern und Verkehrstrennungsgebieten, die Einrichtung von Fahrstreifen für kleine Wasserfahrzeuge, die Vergrößerung des Sicherheitsabstandes Windfarm/Schiff auf fünf Seemeilen, die Einführung der Lotsenpflicht und die Verkehrsüberwachung der gesamten Fläche der AWZ. Diese Vorschläge habe die SDN den zuständigen Behörden schon häufiger unterbreitet. »Bisher ohne Erfolg«, so von Wecheln. Zur Havariebeherrschung gehöre, dass mindestens ein weiterer Sicherheitsschlepper in der Nordsee etwa auf Höhe Sylt stationiert werde.

Die begrüßenswerte Etablierung eines Havariekommandos reiche für diese umfassenden Aufgaben allein nicht aus, da es nicht in das Alltagsgeschäft eingebunden sei und erst bei bereits eingetretenen Havarien tätig werde.

Deshalb fordert die SDN seit 1990 die Einrichtung einer einheitlichen Küstenwache, in der die am Küstenschutz beteiligten Kräfte von Bund und Ländern zusammengefasst werden. Diese könnten die vielfältigen Aufgaben dann in einer einheitlichen Organisation präventiv mit wesentlich weniger »Schnittstellen« und mehr Kompetenzen bearbeiten.

Ohne Terrorängste schüren zu wollen, verweist von Wecheln auf die »vielfach unterschätzten Gefahren eines Terroranschlages von See her«. Die Rechnung, die er aufmacht, ist einfach: »Wenn Terroristen tödliche Sprengsätze in Flugzeuge schleusen können, dann ist dies auch auf Schiffen möglich.«

Die SDN fordert deshalb verstärkte Kontrollen der Schiffsladungen und klare einheitliche Zuständigkeiten bis hin zu der Frage, ob notfalls auch die Marine einbezogen werden kann – trotz der verfassungsrechtlichen Hürden. Das Havariekommando, das gemeinsame Lagezentrum »See« sowie das geplante Maritime Sicherheitszentrum in Cuxhaven seien richtige Schritte auf dem Weg zu einer Küstenwache. An den Strukturen und Zuständigkeiten änderten diese Schritte jedoch nichts. Daher müsse es trotz aller Beharrungskräfte auf dem Weg zu einer monokratisch geführten Deutschen Küstenwache weitergehen.

Artikel als PDF-Datei: PM 15-07-06 Deutsche Küstenwache

Für das obige Foto eines Offshore-Windparks danken wir dem Fotografen und SDN-Mitglied Peter Andryszak (www.peterandry.de).