Küstenkreise fordern Aufklärung über Einsatzkonzept des Havariekommandos

SDN fordert Maßnahmen vor der Wintersaison / Notschleppkonzept richtig

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Erneut hat sich die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gewendet, um ihn zu weiteren Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit auf Nord- und Ostsee aufzufordern. Nach Meinung des Umweltverbandes hat die Havarie der »Glory Amsterdam« vor einem Jahr vor der Küste der Nordseeinsel Langeoog aufgezeigt, dass einige Maßnahmen bereits vor der Veröffentlichung des offiziellen Untersuchungsberichtes durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung durchgeführt werden sollten.

»Unsere Fachleute«, so schreibt der Vorsitzende der SDN, Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen, »haben aufgrund ihrer Kenntnisse der Abläufe Vorschläge erarbeitet, die es möglichst zügig umzusetzen gilt«. Dass die »Glory Amsterdam« trotz bereitstehender Schlepperhilfe strandete, sei auf drei Hauptgründe zurückzuführen: auf mangelnde Kommunikation zwischen der Schiffsführung des Havaristen und der Einsatzleitung, auf die mangelnde Durchsetzung der angeordneten Notschlepphilfe und auf die mangelnde Ausbildung der Seemannschaft des Havaristen.

Die Havarie sei zwar glimpflich verlaufen, aber damit könne man nicht immer rechnen, unterstreicht Harrsen.

Nach Auffassung der SDN muss ein zeitgemäßes staatliches maritimes Unfallmanagement in den Einsatzkonzepten und Verfahrensanweisungen Maßnahmen vorsehen, um bei Verständigungsproblemen mit dem Havaristen frühzeitig die Kommunikation zu verbessern, etwa durch das Absetzen eines Lotsen oder eines On-Scene-Coordinators des Cuxhavener Havariekommandos auf dem Havaristen. Werde ein Notschlepper eingesetzt, müssten rechtzeitig Einsatzkräfte per Hubschrauber auf dem Havaristen abgesetzt werden können, die eine Notschleppverbindung herstellen; diese Fachkräfte müssten Einsatz- oder zumindest umfangreiche Übungserfahrung besitzen. Sollte ein Havarist die angebotene Notschlepphilfe ablehnen, sei frühzeitig eine entsprechende schifffahrtspolizeiliche Anordnung zu erteilen und etwa durch das Absetzen von Vollzugskräften auch durchzusetzen. Bei der Vorbereitung eines Notschleppeinsatzes sei der Havarist über das geplante Vorgehen zu informieren, beispielsweise durch Übersendung von bebilderten, mehrsprachigen Handlungsanweisungen über In-MarSat-Fax oder E-Mail.

Die SDN unterstreicht, dass das Notschleppkonzept der Bundesregierung aus ihrer Sicht richtig und nach wie vor sinnvoll ist. Es habe sich bei der Havarie der »Glory Amsterdam« wieder einmal bewährt, weil innerhalb der vorgesehenen Zeit ein geeigneter, leistungsfähiger Notschlepper am Einsatzort war. »Wir teilen daher die Kritik anderer nicht und möchten Sie ermuntern, das Konzept zu belassen«, schreibt die SDN dem Minister.

Die Frage sei allerdings, wie das Havariekommando dieses Konzept bei »komplexen Schadenslagen« anwendet. Die SDN und insbesondere ihre Mitgliedskreise an der Nordseeküste, die bei Katastrophenlagen direkt betroffen sind, wollen wissen, welches Vorgehen das Havariekommando in seinen Einsatzkonzepten festgelegt hat, um bei verschiedenen Lagen entsprechend zu reagieren.

Zum Beispiel gehe es darum, welche taktisch-strategischen Maßnahmen in diesen Einsatzkonzepten bei unbotmäßigen Schiffsführungen von Havaristen vorgesehen sind. Schließlich sei der von der Bundesregierung bereitgestellte Notschlepper »Nordic« bereits am frühen Morgen beim Havaristen »Glory Amsterdam« einsatzbereit vor Ort gewesen; die schifffahrtspolizeiliche Anordnung zur Herstellung einer Schleppverbindung erfolgte aber nach Kenntnis der SDN erst rund vier Stunden später. Daher teile die SDN auch die Kritik des Leiters des Havariekommandos an diesem bewährten Notschlepper nicht, die er am 6. Februar 2018 im Unterausschuss »Häfen und Schifffahrt« im niedersächsischen Landtag vortrug.

Abschließend bittet die SDN Minister Scheuer, ihre Vorschläge zeitnah, das heißt vor der Veröffentlichung des Berichtes der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, umzusetzen, damit bereits jetzt – vor Beginn der Herbst- und Wintersturmlagen – die Gefahrenabwehr auf Nord- und Ostsee verbessert wird.

Dieser Text als PDF-Datei: 18-09-11 Küstenkreise fordern Aufklärung über Einsatzkonzept