Wrack der »Pallas« mahnt für angepasste Sicherheitsstrukturen

Vor 19 Jahren brennend gestrandet / Nordseeschützer wollen Küstenwache

(Husum/Cuxhaven/Varel i.O.) Vor neunzehn Jahren, am 29. Oktober 1998, lief der etwa 150 Meter lange brennende und führerlos treibende Holzfrachter knapp fünf Seemeilen südwestlich von Amrum auf eine Untiefe. Die Besatzung war bereits einige Tage vorher bei Orkan von mutigen Hubschrauberbesatzungen querab vor Esbjerg erfolgreich geborgen worden. Damit endeten vorerst die Bemühungen, das in dänischen Gewässern havarierte Frachtschiff in der tosenden See unter Kontrolle zu bringen. Auch heute noch sind die Reste des Wracks vor Amrum zu sehen.

Die gesamte Presse berichtet über die nachfolgende Bergung des brennenden Frachters und somit erhielt die Havarie bundesrepublikanisches Interesse, die anschließend von einer Expertenkommission, der sogenannte »Grobecker-Kommission«, untersucht wurde. Die Experten legten der Regierung am 16. Februar 2000 Empfehlungen für mehr Sicherheit auf See vor.

In der nachfolgenden politischen Debatte konnte sich die Politik aber nicht dazu entschließen, die wichtigsten Empfehlungen umzusetzen. Empfehlung 1 lautete: »… Die Expertenkommission empfiehlt deshalb, die mit Aufsichtsaufgaben betrauten, auf See tätigen Dienste des Bundes (BGS, Zoll, Fischereiaufsicht, WSV) zu einer Seewache mit gemeinsamer Flotte zusammenzufassen. Sämtliche Fahrzeuge sollten mit gemischtem Personal aus den beteiligten Dienststellen besetzt und darüber hinaus einheitlich gekennzeichnet werden.«

Statt der geforderten Bündelung aller Kräfte in einer »Seewache« wurde 2003 nur das Havariekommando in Cuxhaven eingesetzt. Eine monokratische Führung und allumfassende Kompetenz hätte jedoch eine Grundgesetzänderung erfordert, zu der die Politik damals nicht bereit war. Daher wurde dem Havariekommando auch im Rahmen der geltenden Gesetze keine allumfassende Zuständigkeit gegeben sondern es heißt: »… Im Einsatzfall alarmiert und führt der Leiter des Havariekommandos die Einsatzkräfte und -mittel, die ihm nach dieser oder anderen Vereinbarungen bereit gestellt worden sind. Er gibt die Ziele zur Bekämpfung der komplexen Schadenlage vor und erteilt den insoweit zuständigen Stellen entsprechende Aufträge …«

Nach Meinung der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste SDN kann diese Vertragssituation nicht die veränderten Rahmenbedingungen zukünftig wirkungsvoll abdecken. Heute können Havarien besser und effektiver bekämpft werden als früher, da mehr Einsatzmittel in behördlichen und privaten Sektoren bestehen. Die Gefährdungslage habe sich allerdings verändert und maritimen Strukturen müssen angepasst werden, erläutert ein Verbandssprecher. Veränderte Nutzungen der Meere durch größere Schiffseinheiten, Industrialisierung durch Offshore-Windfarmen, Baumaßnahmen in der Ostsee und eine insgesamt gewachsene Bedrohung durch mögliche terroristische Aktivitäten erforderten heute eine straffere Führungsorganisation von Bund und Küstenländern.

Die SDN hatte den Bundes- und Landtagspolitikern der norddeutschen Küstenländer bereits vor der Bundestagswahl ein Positionspapier zur Schaffung einer »Deutschen Küstenwache« überreicht. Es wurde von den Nautischen Vereinen zu Kiel, zu Lübeck, Neustadt, Rostock, Nordfriesland und Wilhelmshaven-Jade, der Insel- und Halligkonferenz und der SDN gemeinsam verfasst. Das Positionspapier soll die politische Diskussion zum Umbau der maritimen Sicherheitssysteme in Nord- und Ostsee erneuern, soll Schwachstellen aufzeigen, soll als Entscheidungshilfe für das weitere Vorgehen dienen und soll dazu beitragen, dass die »Deutsche Küstenwache«, mit einer effektiven Abteilung Havariebekämpfung, Wirklichkeit wird.

Dieser Text im PDF-Format: 17-10-27 PM 19 Jahre Pallas-Havarie