Keine neuen Nullnutzungszonen im Wattenmeer

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) kritisiert die Ziele zum Schutz des Wattenmeeres, die das Bundes-Umweltministerium in einer internationalen Regierungskonferenz der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks beschließen lassen will. »Mehrere Eckpunkte darin gefährden wichtige Wirtschaftszweige der Küstenregion, ohne der Natur zu nützen«, warnt der stellvertretende Vorsitzende der SDN, Gerd-Christian Wagner.

Entscheidend sei es, das Wattenmeer nicht allein als wertvollen Naturraum, sondern auch als Lebens- und Wirtschaftsraum des Menschen zu erkennen, sagt Wagner, der auch Bürgermeister der Stadt Varel ist: »Dieser Gedanke muss unbedingt in die Ministererklärung eingearbeitet werden.«

Deshalb spricht die SDN sich gegen die vom Land Schleswig-Holstein geforderte Erweiterung von nutzungsfreien Zonen aus. Jede Erhöhung des Anteils nutzungsfreier Flächen führe zu einem höheren Fischereidruck auf den verbleibenden Nutzflächen oder ruiniere einzelne Fischereibetriebe. »Es handelt sich um eine bloße Vermutung, dass die Nullnutzungszonen sich in einem ökologisch wesentlich besseren Zustand befinden als die Zonen, in denen gefischt wird. Obwohl das nicht wissenschaftlich belegt ist, soll es nun als Begründung dafür dienen, die Fischerei noch weiter zurückzudrängen. Das darf nicht passieren«, sagt Wagner.

Positiv bewertet er, dass Deutschland sich in der Konferenz gegen die künstliche Einwanderung gebietsfremder Arten stark machen will. Doch sogar völlig auf die Einfuhr von Saatmuscheln zu verzichten, wäre das Ende etwa für die Sylter Royal-Austernkultur. »Damit würde man weit über das Ziel hinausschießen«, erklärt Gerd-Christian Wagner. Alle natürlicherweise im Wattenmeer vorkommenden Arten müssten innerhalb des Gebietes ausgetauscht werden dürfen. So dürften auch keine Bedenken gegen das Umsetzen von Muschelsaat etwa zwischen Deutschland und den Niederlanden bestehen.

Kritisch bewertet die Schutzgemeinschaft zudem, dass das Umweltministerium neue Einschränkungen mit dem Prädikat Weltnaturerbe begründet. Gerd-Christian Wagner: »Der Status des Wattenmeeres als Weltnaturererbe ist kein eigenes Rechtsinstrument, sondern eine Auszeichnung der UNESCO, die erst durch Schutzanstrengungen vor Ort ermöglicht wurde. Mit der Vorlage einer eigenen internationalen Strategie für das Welterbegebiet muss sich die Bevölkerung zwangsläufig getäuscht fühlen.«

Bemängelt wird schließlich die späte Vorlage der Ministererklärung, die den Betroffenen erst »nach langen vier Jahren der Erarbeitung« zugestellt wurde und für eine gründliche Beurteilung nur wenige Monate Zeit lasse. Wichtige Anlagen würden zu langsam nachgereicht. Dieses Vorgehen nähre Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Beteiligungsverfahrens. Fazit: Da »die Anhänge, die überwiegend nicht bekannt sind, erst deutlich machen, was in den kommenden Jahren zu erwarten ist, kann dem Papier nicht zugestimmt werden.«

Ihre Einwände hat die Schutzgemeinschaft dem Ministerium in einer detaillierten Stellungnahme zukommen lassen und unter www.sdn-web.de ins Internet gestellt.

Trilaterale Regierungskonferenzen zum Schutze des Wattenmeeres sind eine Einrichtung der drei Wattenmeeranrainerstaaten Niederlande, Deutschland und Dänemark und finden seit 1978 regelmäßig statt, derzeit im drei- bis vierjährigen Turnus. Die nächste, zwölfte Konferenz ist für den 5. Februar 2014 im dänischen Tønder anberaumt.

Die SDN ist ein Zusammenschluss von Kreisen, Kommunen, Vereinen, Wirtschaftsverbänden und Privatleuten an der deutschen Nordseeküste zu einem Umweltschutzverband. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sie sich für die Erhaltung der Nordsee als Lebens-, Wirtschafts- und Naturraum.

Text als PDF-Datei: PM 14-01-24 Keine neuen Nullnutzungszonen

Licht und Schatten in der Position der Parteien zum Nordseeschutz

»Es gibt gute Ansätze, aber offen gestanden hatten wir uns ein stärkeres Bekenntnis der politischen Parteien zum Nordseeschutz erhofft«, erklärte Dieter Harrsen am Dienstag (3. September 2013) bei einer Pressekonferenz in Hamburg. Sechs Fragen zu aktuellen Nordsee-themen hatte der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten von CDU, SPD, FDP, Bündnis90/DieGrünen und DIE LINKE in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen zur Bundestagswahl 2013 vorgelegt. Alle Angeschriebenen reichten den Fragenkatalog zur Beantwortung an ihre Parteizentralen oder Bundestagsfraktionen weiter.

Die SDN ist ein kommunaler Umweltverband, dem zahlreiche Kreise, Städte und Gemeinden sowie Vereine und andere Institutionen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen angehören. Damit ist die SDN auch Anwalt für die Belange der Küstenbevölkerung beim Thema Schutz und Nutzen der Nordsee.

Wahlprüfstein Nr. 1: Küstenwache

Ganz besonders liegt den Nordseeschützern die Einrichtung einer Deutschen Küstenwache am Herzen. »Seit über 40 Jahren diskutieren wir über die Notwendigkeit, alle seegehenden Überwachungskräfte, also die an der Nordsee stationierten Schiffe von 15 deutschen Behörden und Ämtern, in einer Deutschen Küstenwache zusammenzufassen, zu der auch das Havariekommando in Cuxhaven gehören muss«, erläuterte Hans von Wecheln. Er leitet die Arbeitsgruppe Küstenwache der SDN. Er begrüßt das uneingeschränkte Ja der FDP zur Küstenwache. Auch die Grünen und die Linke tendieren in diese Richtung. Beide betonen die erforderliche enge Abstimmung mit den europäischen Partnern, die Linke spricht sich für eine europäische statt einer nationalen Küstenwache aus. »Diese Parteien haben zumindest das Problem erkannt«, analysiert von Wecheln. Leider seien CDU und SPD – beide haben in früheren Jahren in Anträgen an den Bundestag beziehungsweise in einem Koalitionsvertrag die Schaffung der Küstenwache gefordert – von dieser Erkenntnis noch weit entfernt, sondern forderten weitere Prüfungen durch die beteiligten Bundesbehörden.

»Dabei sind es ja gerade diese Behörden, die die Zusammenfassung der Flotte bisher immer verhindert haben. Es ist bedauerlich, dass diese Verzögerungstaktik immer noch von der Politik unterstützt wird«, kritisiert SDN-Vorsitzender Dieter Harrsen, im Hauptberuf Landrat des Kreises Nordfriesland. Die SDN werde sich weiterhin für die Schaffung einer nationalen Küstenwache einsetzen, die auch als Vorstufe einer europäischen Einrichtung gesehen werden müsse. »Nach der Havarie der Pallas vor 15 Jahren bestand über alle Ebenen hinweg Einigkeit, dass eine einheitlich geführte Küstenwache unbedingt erforderlich ist«, erinnert sich Hans von Wecheln. Zwar begrüßt die SDN, dass im Maritimen Sicherheitszentrum, dessen Neubau in Cuxhaven voraussichtlich Ende 2014 fertig gestellt wird, im Gemeinsamen Lagezentrum See eine Bundesleitstelle aller auf See tätigen Bundesbehörden eingerichtet worden ist. Doch die Strukturen wurden nicht geändert, jede Behörde ist nach wie vor mit eigenen Zuständigkeiten und Verantwortungen tätig. Von einer einheitlichen Führung einer Deutschen Küstenwache ist man immer noch weit entfernt.

Wahlprüfstein Nr. 2: Schiffssicherheit

Eine weitere Sorge der SDN gilt der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs, die durch die zahlreichen geplanten und teils bereits im Bau befindlichen Windparks in der Nordsee gefährdet wird: Wo Windmühlen stehen, können keine Schiffe mehr fahren. »Die Schifffahrts-wege werden schmaler, und der Verkehr wird durch die derzeitige

Planung konzentriert werden. Für den kreuzenden Verkehr an den zahlreichen Schnittpunkten der geplanten Wegführung sind bei Ausweichmanövern die notwendigen Manövrierräume teils zu klein und die Wege zu schmal. Damit steigt die Havariegefahr ganz erheblich«, erklärte SDN-Vorstandsmitglied Rudolf-Eugen Kelch. Das gelte gleichermaßen für querende Verkehre aus den für Windkraftanlagen vorgesehenen Gebieten. Die SDN fordert ausgeweitete Vorrangflächen für die Schifffahrt, einen größeren Mindestabstand von Windkraftanlagen, den Erlass eindeutiger Kollisionsverhütungsregeln sowie die Ausweitung der behördlichen Radarüberwachung.

Am deutlichsten stellt sich die Linke hinter die klar formulierten Forderungen der SDN. Auch die anderen Parteien erkennen die Bedeutung des Themas, skizzieren aber teils unterschiedliche Herangehensweisen. So will die CDU bis Ende des Jahres ein »Rahmenkonzept Offshore-Windenergie« in Kraft setzen, das in seinem derzeitigen Entwurf allerdings nur von Möglichkeiten der Verbesserung des Schiffsverkehrs spricht, ohne klare Rahmenbedingungen zu setzen. Die Grünen treten für eine stetige Anpassung des vorhandenen »Sicherheitskonzeptes Deutsche Küste« ein.

»Positiv ist festzustellen, dass das Problem von allen erkannt wurde«, resümierte Rudolf-Eugen Kelch. »Die SDN wird versuchen, mehr Fachwissen in die Diskussion zu bringen, indem wir alle Küstenpolitiker einladen, eine sehr eindrucksvolle Darstellung der Sachlage im Schifffahrtssimulator des Nautischen Instituts der FH Flensburg zu besichtigen und danach mit Experten zu diskutieren.« Die SDN hatte die technisch anspruchsvolle Simulation des Verhaltens riesiger Frachtschiffe auf engen Wasserstraßen zwischen Windparks an der FH angeregt.

Wahlprüfstein Nr. 3: Notschleppkonzept

Die dritte Frage der SDN an die Parteien galt der Stationierung eines vierten Notschleppers in der Deutschen Bucht in der Nähe von Sylt. »Die vorhandenen Schlepper liegen alle im südwestlichen Bereich der Deutschen Bucht. Bei einer Havarie vor der nordfriesischen Küste können sie erst nach deutlich mehr als zwei Stunden vor Ort sein. Diese Reaktionszeit ist einfach zu lang«, stellte Hans-Jürgen Bootsmann-Gäbler fest.

Deshalb hält der Kapitän und Seelotse einen weiteren Notschlepper aus nautischer Sicht für dringend geboten – trotz eines Verweises der CDU auf den fehlenden finanziellen Spielraum. Damit steht die SDN auch im Gegensatz zur SPD, die die vorhandenen Kapazitäten für ausreichend hält und ansonsten auf »bilaterale Abkommen mit den Nachbarstaaten« setzt. »In Dänemark chartert der Staat im Bedarfsfall einen privaten Notschlepper. Um ihn einsetzen zu können, müssten die beiden Staaten erst einmal Vertragsverhandlungen aufnehmen«, gibt Bootsmann-Gäbler zu bedenken. Er regt an, eine finanzielle und betriebliche Beteiligung der Windparkbetreiber an einem vierten Notschlepper zu prüfen.

Die Grünen haben zwar erkannt, dass an der Nordflanke eine Sicherheitslücke existiert. Eine klare Aussage zugunsten eines vierten Schleppers machen sie indes nicht. Ähnlich äußert sich die FDP, die mit Verweis auf die Kosten »andere Optionen« prüfen will, ohne sie näher zu benennen. Die Linke hingegen spricht sich für einen weiteren Schlepper aus und legt Wert darauf, dass er vom Staat selbst und nicht von Privaten bereedert wird.

Wahlprüfstein Nr. 4: Abfallentsorgung

Die vierte Frage der SDN galt der Abfallentsorgung in den Häfen: Trotz einschlägiger Vorschriften gelangen auch aus der Seefahrt noch immer zu viele Abfälle in die See – mit verheerenden Folgen für die Öko-systeme der Meere. Ein Grund ist die nicht ausreichende Überwachung der Schiffe in den Häfen und die mit wenigen Ausnahmen kostenpflichtige Entsorgung in den Häfen. Deshalb regte die SDN eine Initiative des Bundes gegenüber den Küstenländern dafür an, dass die Müllentsorgungsgebühren zu 100 Prozent in die Liegegebühren integriert werden und sichergestellt wird, dass Schiffe die Häfen nur mit entleerten Müll-Lagern verlassen dürfen.

Die CDU verweist schlicht auf die Zuständigkeit der Länder. »Dass der Bund nicht zuständig ist, wussten wir auch vorher«, merkte SDN-Vorsitzender Harrsen trocken an. »Uns geht es ja nur um eine politische Initiative, die der Bund entfalten soll.« Umso mehr freut er sich über die Bereitschaft von Grünen, FDP und Linken, sich entsprechend einzusetzen. Auch die SPD liegt auf der Linie der SDN, schreibt aber kein Wort über ihre Bereitschaft, politisch initiativ zu werden.

Wahlprüfstein Nr. 5: Abfalldumpingverbot

Manche Müllarten dürfen auch heute noch in die Meere entsorgt werden. In der Nordsee selbst ist das zwar verboten, doch gelangen Ab-fälle aus anderen Meeren auch bis an die deutschen Küsten, darunter tausende Tonnen Plastikmüll. »Plastikmüll ins Meer zu kippen, ist weltweit verboten. Aber das heißt nicht, dass die anderen Müllarten, deren Verklappung erlaubt ist, nicht mit Plastik durchmischt sein können«, weiß Rudolf-Eugen Kelch. Deshalb fragte die SDN die Haltung der Parteien zu einem weltweiten, kompletten Verbot der Einleitung jeglicher Abfälle in die Meere ab.

SPD, Grüne, FDP und Linke sind bereit, sich in diesem Sinne gegenüber der Welt-Meeres-Behörde IMO einzusetzen. »Die FDP verweist zu Recht darauf, dass dies ein langsamer und mühsamer Prozess sein wird, aber es ist leider die einzige Möglichkeit, die es gibt«, sagte Kelch. Unbefriedigend bleibt für ihn die Antwort der CDU, die schlicht darauf hinweist, dass es bereits ein Plastikmüllverbot gibt, und keine weiteren Aktivitäten für erforderlich zu halten scheint.

Wahlprüfstein Nr. 6: Notfallvorsorge

Im letzten »Wahlprüfstein« greift die SDN die Notfallvorsorge auf Offshore-Windfarmen auf: Obwohl die Arbeitgeber verpflichtet sind, die medizinische Notversorgung einschließlich Bergung und Transport ihrer Mitarbeiter bei Unfällen sicherzustellen, planen staatliche Stellen, parallel einen öffentlichen Rettungsdienst aufzubauen – ein für den Steuerzahler teures Vorhaben, das der Bund durch die exakte Festlegung der Zuständigkeiten verhindern sollte.

Grüne, FDP, SPD sprechen sich – bei teils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – dafür aus, dass die Verantwortung für die Notfallvorsorge bei den Arbeitgebern bleibt. Auch die Linke will die Arbeitgeber nicht aus der finanziellen Beteiligung entlassen, sieht aber daneben Ansätze für eine Verantwortung des Staates. Die CDU propagiert eine »maritime Sicherheitspartnerschaft«, die der private und der öffentliche Sektor gemeinsam an einem runden Tisch erarbeiten sollen.

»Manche Antworten stimmen uns hoffnungsvoll, andere zeigen, dass es weiterhin dicke Bretter zu bohren gilt«, fasste SDN-Vorsitzender Dieter Harrsen die Reaktion der SDN auf die Antworten der Parteien zusammen. Er verspricht, dass die SDN auch weiterhin eine Vorkämpferin für den Nordseeschutz bleibt.

Text als PDF-Datei: PM 13-09-03 Wahlprüfsteine Ergebnis

Nordsee-Windparks bedrohen die Schifffahrt – SDN fordert Raumordnungsplan

»Beim Ausbau der Offshore-Windenergieparks darf die Bundesregierung die Sicherheit der Schifffahrt nicht aus dem Auge verlieren«, fordert die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste. Der Vorsitzende des kommunalen Umweltverbandes, der nordfriesische Landrat Dieter Harrsen, weist darauf hin, dass die Deutsche Bucht schon heute das am dichtesten befahrene Seegebiet der Welt ist. Die neun geplanten und teils im Bau befindlichen Windparks führen dazu, dass der Schiffsverkehr künftig noch stärker auf sehr schmale Bereiche konzentriert werden wird.

Auf See gilt grundsätzlich rechts vor links. Nach derzeitigem Planungsstand müssen also riesige Containerfrachter einem kleinen Schiff ausweichen, das von rechts aus einem Windpark heraus in eine enge Wasserstraße hineinfährt. »Bei einer Stoppstrecke von bis zu zwei Kilometern kann das gar nicht funktionieren: Entweder weicht das Containerschiff nach steuerbord aus und rammt eine Windmühle, oder es weicht nach backbord aus und fährt in den Gegenverkehr, oder es behält seinen Kurs bei und kollidiert mit dem kleineren Schiff«, erläutert Harrsen. Er fordert von der Bundesregierung, spezielle Verkehrsregelungen vorzusehen, die dies verhindern.

Trotz zahlreicher Gespräche mit Vertretern der verantwortlichen Bundesbehörden gehe die Bundesregierung die deutlich erkennbaren Probleme nicht entschlossen genug an, stellt Harrsen fest: Für die Nordsee müsse ein Raumordnungsplan erarbeitet werden, in dessen Zentrum neben der Energiewende die Verbesserung der Schiffssicherheit steht. Der Plan müsse Vorrangflächen für die Genehmigung von Meereswindfarmen sowie Korridore für die Schifffahrt ausweisen. »Bisher will der Bund die Schiffe in diesen Korridoren kreuz und quer fahren lassen. Viele Nautiker bezeichnen dieses als gefährlichen Leichtsinn«, warnt Dieter Harrsen.

Er fordert die Einrichtung eines Verkehrstrennungsgebietes nach Regel 10 der Kollisionsverhütungsregeln, also eine Art Autobahn mit getrennten Fahrspuren und einer Trennzone in der Mitte, die nicht befahren werden darf. In einem solchen Gebiet dürfen einbiegende kleinere Fahrzeuge die größeren nicht zum Ausweichen zwingen.

Ergänzend fordert die SDN die Ausweitung des bestehenden Lotswesens unter staatlicher Aufsicht und dass die Erfordernisse der Schifffahrt bei der Festlegung der Windpark-Grenzen berücksichtigt werden – auch dies müsse im Raumordnungsplan geregelt werden.

Bei allem Respekt vor dem Havariekommando vertritt die SDN die Auffassung, dass Havarievermeidung vor Havariemanagement gehen sollte. »Auch in diesem Bereich stellen wir im Interesse von Natur und Wirtschaft klare Forderungen an den Bund«, sagt Harrsen: So müsse die staatliche Radar-Überwachung des Seeraums durch Verkehrszentralen wesentlich ausgebaut werden und die Information der Schifffahrt per Funk verbessert werden. Auch das Notschleppkonzept decke die gestiegene Gefährdungslage nicht mehr ab.

Im Namen der SDN hat Dieter Harrsen den verantwortlichen Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, zu einem Gespräch mit gestandenen Praktikern eingeladen. »Sowohl die Nautiker als auch die Verwaltungschefs in der SDN erkennen die Gefahren, die unsere Küste bedrohen, weil die Bundesregierung die ständig zunehmende Gefährdungslage unterschätzt. In einem Gespräch mit dem Minister kommen wir sicherlich ein großes Stück voran«, erwartet Harrsen.

Text als PDF-Datei: PM 13-04-11 Nordsee-Windparks bedrohen die Schifffahrt

Neustrukturierung der Wasser- und Schifffahrtsämter: SDN fordert kompetente, küstennahe Verwaltung

Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) protestiert gegen Pläne des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Der Bund will die Aufgaben der in Kiel und Aurich angesiedelten Wasser- und Schifffahrtsdirektionen (WSD) Nord und Nordwest in eine neue Generaldirektion verlagern, die im küstenfernen Bonn gegründet werden soll.

»Es kann doch nicht sein, dass die wichtigsten Entscheidungen über die See- und Küstenschifffahrt schon bald nicht mehr am Ort des Verkehrs im Norden Deutschlands getroffen werden sollen, sondern im Binnenland«, schüttelt der SDN-Vorsitzende Dieter Harrsen den Kopf. Er weist darauf hin, dass in der Schifffahrt auf den Bundesseewasserstraßen und an der Küste wesentlich mehr Schiffe und ebenso deutlich mehr Tonnen Ladung unterwegs sind als auf den Flüssen und den Kanälen der Bundesbinnenwasserstraßen.

Immer wieder wird in Deutschland der Vorwurf laut, Verwaltungen agierten vom grünen Tisch aus und träfen mangels Kontakt zur Basis falsche Entscheidungen. »Jetzt will Minister Peter Ramsauer Strukturen schaffen, die genau das verursachen werden«, stellt Dieter Harrsen fest.

Die Aufgaben einer WSD sind vielfältig: Planfeststellungsverfahren, die Klärung von Rechtsfragen, die verkehrsrechtliche Ordnung des Schiffsverkehrs, die Aufsicht über die Lotsenbrüderschaften, die langfristige Planung von Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen, die Koordination der nachgeordneten Behörden und vieles mehr erfordern Harrsen zufolge eine küstennah angesiedelte Direktion.

Die SDN besteht nicht auf dem Erhalt der bisherigen Standorte: Ob die Entscheidungen für die Küste in Kiel, Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Cuxhaven oder in Aurich getroffen würden, sei zweitrangig: Es komme allein darauf an, dass die Mitarbeiter der Verwaltung die Auswirkungen ihrer Arbeit täglich vor Augen haben und für persönliche Kontakte mit den Vertretern öffentlicher Belange zur Verfügung stehen müssen.

»Je komplexer die Aufgaben sind, desto höhere Bedeutung ist der regionalen Verwurzelung und Vernetzung der Entscheidungsträger beizumessen«, erklärt Dieter Harrsen.

Was ihn ebenfalls wundert: Der Bund scheint keine konkreten Überlegungen zu der Frage angestellt zu haben, wie der Erfolg oder Misserfolg der Reform später gemessen werden soll. Die einzige wichtige Kennzahl scheint die Zahl der abgebauten Arbeitsplätze zu sein. »In der heutigen Zeit, in der auch viele kommunale Behörden ein Benchmarking betreiben, um die Effizienz und Effektivität ihrer Arbeit zu messen, lässt sich dies nur als anachronistische und damit unangemessene Herangehensweise an eine für ganz Deutschland so bedeutsame Reform bewerten«, findet SDN-Chef Harrsen.

Die SDN hat Minister Ramsauer gebeten, sein Organisationsmodell noch einmal zu überprüfen und Entscheidungen, die sich beispielsweise auf Hamburg, auf Bremerhaven, auf Kiel mit dem Nord-Ostee-Kanal oder auf den Jade-Weser-Port auswirken, nicht in einer Amtsstube fällen zu lassen, die sich 400 Kilometer vom nächstgelegenen größeren Seehafen entfernt befindet.

Am 29. November will Minister Ramsauer mit den Staatskanzleien der Länder über die Umsetzung seiner Reformpläne sprechen. Dieter Harrsen hofft inständig, dass die Forderungen der SDN nach einer kompetenten, küstennahen Verwaltung dabei berücksichtigt werden.

Text als PDF-Datei: PM 12-11-27 SDN fordert küstennahe Schifffahrtsverwaltung

SDN fordert Untersuchung der KATJA-Havarie

Am 14. August 2012 lief der Tanker KATJA, mit rund 87.000 t Öl beladen, auf die Vogelschutzinsel Minsener Oog im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer auf. Nach wenigen Stunden wurde er mit mehreren Schleppern bei auflaufendem Wasser befreit. „Trotz des glücklichen Ablaufs muss diese Havarie von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung untersucht werden, um die nötigen Lehren daraus zu ziehen“, fordert Dieter Harrsen, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste.

Bereits jetzt zeige die Havarie der KATJA Handlungsbedarf an: „Sie ist ein Beweis dafür, dass wieder vermehrt Baggerarbeiten durchgeführt werden müssen“, erklärt Harrsen. Angesichts der im neu eröffneten JadeWeserPort erwarteten Mega-Containerschiffe müsse die Fahrrinne der Jade so ausgebaggert werden, dass sie der geltenden Raumplanung entspreche. Darüber hinaus müsse auch das Jade-Fahrwasser über die gesamten 600 Meter Breite für Schiffe bis 13,50 Meter Tiefgang befahrbar gemacht werden. Harrsen mahnt an, die vorliegenden Peilungen auch den Lotsen in der elektronischen Seekarte zur Verfügung zu stellen.

Außerdem müsse das Meldewesen zwischen Innenministerium und Kreisen in Niedersachsen verbessert werden: Der für den Katastrophenschutz zuständige Landkreis Friesland war erst Stunden nach dem Unglück informiert worden.

Text als PDF-Datei: PM 12-10-02 SDN fordert Untersuchung der KATJA-Havarie

Meere dürfen keine Müllkippe sein

Die Meere der Welt dürfen an keiner Stelle Müllkippe sein – das fordert die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN). »Zwar darf seit mehr als 20 Jahren in der Nordsee selbst kein Schiffsabfall mehr über Bord gekippt werden, aber noch immer strömen in jedem Jahr 20.000 Tonnen Plastikmüll aus dem Atlantik hinein. Deshalb muss überall auf der Welt ein strenges Verbot gelten«, erläutert der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, der nordfriesische Landrat Dieter Harrsen. Die SDN werde die Bundesregierung auffordern, diesen Gedanken in der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO zu vertreten. Gleichzeitig sollten die Seefahrtsschulen die Umweltausbildung künftiger Seeleute verstärken und alle Häfen die Kosten für die Müllentsorgung der Schiffe komplett in die Liegegebühren einkalkulieren, damit die Schiffsführer dafür keinen gesonderten Beitrag zu zahlen brauchen.

In ihrer Mitgliederversammlung am 8. Mai 2012 im niedersächsischen Brake lehnte die SDN darüber hinaus die Elbvertiefung ab. »Darunter leidet nicht nur die Natur an der Elbe, sondern auch das Ökosystem der Nordsee, etwa weil das Baggergut zum Teil im Wattenmeer landen wird«, befürchtet Harrsen. Statt die Elbe immer tiefer auszubaggern, stehe der Bundesverkehrsminister in der Pflicht, ein norddeutsches Hafenkonzept zu erstellen, um Frachtern mit großem Tiefgang ökologisch sinnvolle und trotzdem wirtschaftliche Alternativen zu bieten. Dabei sollen die Häfen an Ems und Weser, der Weser-Jade-Port sowie Cuxhaven und Brunsbüttel einbezogen werden.

Neben inhaltlichen Themen stand die Neubesetzung des SDN-Vorstandes auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung. Der Vorsitzende Dieter Harrsen wurde einstimmig wiedergewählt. Mit Sven Ambrosy aus Friesland und Dr. Jörn Klimant aus Dithmarschen gehören zwei weitere Landräte von Küstenkreisen zum Leitungsgremium des kommunalen Umweltverbandes. Außerdem im Vorstand: der Bürgermeister der Stadt Varel, Gerd-Christian Wagner, der Erste Kreisrat des Landkreises Cuxhaven, Günter Jochimsen, der Präsident des Bundesverbandes der See- und Hafenlotsen, Hans-Jürgen Bootsmann-Gäbler, der Vorsteher des Amtes Föhr-Amrum, Jürgen Jungclaus, sowie die Umwelt- und Küstenschutzexperten Rudolf-Eugen Kelch aus Husum, Jörg-Peter Frerichs aus Varel und Karl Petersen aus Tönning. Als Schatzmeister fungiert der Jurist Manfred Hoffmann aus Varel.

Mit besonderem Dank verabschiedete Dieter Harrsen die bisherigen Vorstandsmitglieder Kapitän Gerald Immens aus Kiel, Hans von Wecheln aus Husum und den Umweltdezernenten des Landkreises Friesland, Dr. Martin Dehrendorf. Immens und von Wecheln bleiben der SDN nicht nur als Mitglieder treu, sondern betreuen weiterhin einzelne Projekte des Verbandes – insbesondere zur Schiffssicherheit im Umfeld von Offshore-Windparks und zur Forderung einer nationalen Küstenwache. »Auch wenn die verantwortlichen Regierungen und Verwaltungen es immer noch nicht geschafft haben, den Knoten durchzuschlagen: Wir bleiben so lange am Ball, bis es endlich eine Küstenwache und damit eine effektiv organisierte Katastrophenabwehr auf See gibt«, betont SDN-Chef Harrsen.

Text als PDF-Datei: PM 12-05-16 Meere dürfen keine Müllkippe sein

SDN sieht erheblichen Handlungsbedarf bei Meeresverschmutzungen durch Schiffsabfälle

Schon seit Jahren gelten europaweit verschärfte Auflagen für die Entsorgung von Schiffsabfällen. Trotzdem sind die Müllmengen in den Meeren nicht gesunken. Allein in die Nordsee gelangen immer noch rund 20.000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr. Um die Gründe zu ermitteln, lud die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) zu einer Fachtagung am 17. November 2011 ein. Sie fand auf dem Museumsschiff »Cap San Diego« im Hamburger Hafen statt. Hochkarätige Fachleute waren dem Ruf der SDN gefolgt.

Der parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann aus dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung dankte der SDN für ihre Initiative. Obwohl die rechtlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren verbessert worden seien und das Entsorgungssystem für Schiffsabfälle in den Häfen grundsätzlich funktioniere, gebe es im Einzelfall noch Abstimmungsbedarf, stellte Ferlemann fest. So sollten Länder und Kommunen die Abfallgebühren in den Häfen vereinheitlichen.

Andreas Mai von den Bremer Häfen machte den Menschen als Schwachstelle des Systems aus: Zwar gebe es bei Kontrollen nur geringe Beanstandungen im Umgang mit Schiffsabfällen. Trotzdem sollten entsprechende Seminare in die Grundausbildung für Seeleute aufgenommen werden – und zwar weltweit. Mai plädierte für die Harmonisierung der verschiedenen rechtlichen Vorschriften: Es führe zu Verwirrung, wenn etwa Worte wie »häufig« oder »regelmäßig« in unterschiedlichen Verordnungen synonym verwendet werden.

»Im Vergleich zur Situation vor 20 Jahren funktioniert die Entsorgung besser, aber noch nicht gut«, resümierte Klaus Otto von der Hamburger Umweltbehörde. Er empfahl möglichst einfach und deutlich formulierte Regelungen, um die Gefahr von Missverständnissen auch bei Seeleuten aus anderen Erdteilen zu vermindern.

Hafenmeister Carl Ahrens von den Häfen an der schleswig-holsteinischen Westküste forderte Ausnahmeregelungen für die Küstenschifffahrt in allen Häfen: Manches kleine Schiff bringe es auf bis zu 180 Hafenanläufe pro Jahr. Werde stets eine pauschale Einheitsgebühr fällig, drohten die Betriebskosten ins Untragbare zu steigen.

Bis zu 75 Prozent des in den Meeren gefundenen Abfalls besteht aus Kunststoff, zitierte David Fleet von der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holstein wissenschaftliche Untersuchungen. In der südlichen Nordsee seien Schifffahrt und Fischerei als Hauptverursacher ausgemacht worden, doch könne dies in anderen Gegenden der Welt anders sein. »An manchen Stellen ist der Meeresboden mit Plastikmüll geradezu bedeckt«, sagte Fleet. Da diese Mengen sich kaum vollständig entfernen ließen, müsse vordringlich dafür gesorgt werden, dass kein weiterer Müll hinzukommt.

Kapitän Wolfgang Loy forderte die Schiffsleitungen auf, den Umgang mit Abfällen an Bord fortlaufend zu kontrollieren. Loy sah in den Häfen weltweit erheblichen Nachholbedarf bei der Entsorgungsfrage. So sei es außerhalb Deutschlands kaum möglich, alte Leuchtstoffröhren oder abgelaufene Medikamente im Hafen abzugeben. Auch sei es immer noch ganz offiziell erlaubt, außerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone Lebensmittel, Dosen, Kartonagen oder Altglas einfach über Bord zu werfen. Dies gelte allerdings nicht für Nord- und Ostsee: Hier bestehe ein absolutes Verbot, Abfälle ins Meer zu »entsorgen«.

Mit verschiedenen Aktionen vor Ort bis hin nach Brüssel hat die SDN seit Jahrzehnten um verschärfte Auflagen für die Entsorgung von Schiffsabfällen gekämpft. Insbesondere das Demonstrationsvorhaben zum Aufbau einer Infrastruktur in den deutschen Seehäfen zur  kostenlosen Ölententsorgung war von der SDN politisch gefordert worden.

»Fest steht, dass trotz der Anfangserfolge noch viel zu tun bleibt, um die Menge des Mülls in den Meeren zu reduzieren. Wir werden die Ergebnisse dieser Tagung in einer Dokumentation zusammenfassen und damit auf die mit dem Thema befassten Politiker, Behörden und Wissenschaftler zugehen«, erklärte der Vorsitzer der Schutzgemeinschaft, Dieter Harrsen. Auf diese Weise sei es der SDN in den vergangenen fast 40 Jahren immer wieder gelungen, Denk- und Entscheidungsprozesse auszulösen.

Text als PDF-Datei: PM 11-12-05 Handlungsbedarf bei Meeresverschmutzungen durch Schiffsabfälle

Dieter Harrsen fordert Komplettverbot von CCS

Am 23. September lehnte der Bundesrat das CCS-Gesetz ab. Der Vorsitzer der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Dieter Harrsen, fordert die Bundesregierung auf, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, statt im Vermittlungsausschuss langwierige Nachverhandlungen über Details zu beginnen: »Der einzig sinnvolle und von der Bevölkerung gewollte Weg besteht in einem kompletten Verbot von CCS in Deutschland. Industrieabfall im Untergrund zu verpressen, ist gefährlich und umweltschädlich – gleichgültig, ob an Land oder auf See. Wer CCS als Beitrag zum Klimaschutz deklariert, betreibt Augenwischerei.« Die Zukunft gehöre nicht der Kohleverbrennung, sondern den erneuerbaren Energien.

Harrsen wirbt dafür, sich an Österreich zu orientieren: Die dortige Bundesregierung hat erkannt, dass CCS für Mensch und Natur unzumutbare Risiken birgt. »Deshalb hat sie ein Verbotsgesetz auf den Weg gebracht. Das sollte auch unsere Bundesregierung tun.« Dies entspräche auch der Forderung des Kreistages Nordfriesland zum kompletten Verbot von CCS.

Text als PDF-Datei: PM 11-09-27 Dieter Harrsen fordert Komplettverbot von CCS

SDN fordert Bundesrat auf, CCS in Deutschland zu verbieten

Der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, Dieter Harrsen, appelliert an den Bundesrat, die Verpressung und Lagerung von Kohlendioxid im Untergrund für ganz Deutschland auszuschließen. Am 23. September soll das Gesetz über die umstrittene Lagerung von Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken unter der Erde (Carbon Capture and Storage – CCS) vom Bundesrat beschlossen werden. Es enthält eine sogenannte Länderklausel, die den Bundesländern die Möglichkeit einräumt, CCS in bestimmten Gebieten für unzulässig zu erklären.

Diese Regelung stelle nur die zweitbeste Lösung dar, erklärt Harrsen: »Der sinnvollste Weg besteht darin, CCS in ganz Deutschland generell zu verbieten. Kein einziges Bundesland bekennt sich inzwischen noch zu CCS in seinem Gebiet. Also werden alle Länder mit potenziellen Lagerstätten die Länderklausel nutzen, um Ausschlussgebiete festzulegen. Doch in jedem Einzelfall kann die an CCS interessierte Industrie vor Gericht ziehen, um die CCS-Erprobung auf diesem Weg zu erzwingen. Bundesrat und Parlament sind jetzt gefordert, diese Gefahr von vornherein auszuschließen.«

Die Liste der Argumente gegen die Verpressung von Kohlendioxid im Untergrund ist lang und wissenschaftlich fundiert: CCS würde zu einem enorm erhöhten Kohleverbrauch führen, kaum zu stoppende Leckagen sind zu erwarten, und bestenfalls nach 30 Jahren wären alle potentiellen Lagerstätten bis zum Bersten gefüllt. Als gravierendste Gefahr gilt jedoch die Vergiftung gewaltiger Grundwasservorräte: Tief unter der Erde verdrängt das Kohlendioxid extrem salzhaltiges Wasser. Über die Jahre hinweg kann es weiter als 100 Kilometer „wandern“ und jede grundwasserführende Schicht, die im Weg liegt, versalzen.

Das gilt auch für CCS in der 200-Seemeilen-Zone, in der die Länder keinerlei Einfluss haben: Dort kann die Bundesregierung allein entscheiden, ob sie den Konzernen die Erlaubnis ausstellt, das Verfahren zu erproben. Das ruft die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste auf den Plan: Ihr gehören an der Nordsee liegende Kreise und Kommunen an, die um ihr Grundwasser und damit um ihre Existenzgrundlage fürchten.

In mehreren Ländern haben ihre Mitglieder nach Tausenden zählende Bürgerinitiativen den Kampf gegen CCS aufgenommen. Sie waren es, die die Bundestagspolitiker erst so wachrüttelten, dass sie die Länderklausel in das CCS-Gesetz hineinformulierten. Dieter Harrsen ist sich mit den Initiativen über die bessere Alternative einig: »Die erneuerbaren Energien müssen ausgebaut werden – und zwar schnell und mitsamt der Stromnetze. Dann können wir viel früher auf Kohlekraftwerke verzichten, als mancher Lobbyist es heute wahrhaben will.«

Rechtlich wäre ein Komplettverbot kein Problem. »Österreich geht bereits in diese Richtung«, weiß Dieter Harrsen.

Text als PDF-Datei: PM 11-09-09 Pressemitteilung CCS Bundesrat

Dieter Harrsen: Verzicht auf einheitliche Küstenwache ist ein Armutszeugnis

Als Armutszeugnis der Bundesregierung bezeichnet der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), Dieter Harrsen, den gestern veröffentlichten Beschluss der Bundesregierung, auf die immer wieder geforderte Deutsche Küstenwache zu verzichten.

»Damit bleibt es also bei dem Wirrwarr von 15 verschiedenen Landes- und Bundesbehörden, die sich um die Sicherheit vor unseren Küsten kümmern sollen. Beim nächsten größeren Ölunfall fliegt uns dieses System um die Ohren«, ist Harrsen sicher.

Die hoheitlichen Aufgaben auf See umfassen die Gefahrenabwehr einschließlich Katastrophenschutz und Terrorbekämpfung, die Strafverfolgung, den polizeilichen Grenzschutz, die Verhinderung illegaler Migration, die Fischereiaufsicht, die Zollkontrolle und die Verhinderung und Bekämpfung von Meeresverschmutzungen.

Zuständig sind zur Zeit die Bundespolizei, gesteuert vom Bundesministerium des Inneren, der Zoll (Bundesfinanzministerium), die Fischereiaufsicht (Bundeslandwirtschaftsministerium), die Schifffahrts- und Verkehrskontrolle (Bundesverkehrsministerium) sowie die Wasserschutzpolizeien und Fischereidienste der fünf Küstenländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern.

Zwar arbeiten sie zusammen – aber nur auf Grundlage einer Vielzahl wechselseitiger Vereinbarungen und rechtlicher Hilfskonstruktionen wie Organleihe und Amtshilfe. »Doch im Ernstfall fehlt einfach die Zeit für Absprachen und die Anforderung von Hilfen auf dem Dienstweg: Dann muss die Weisungs- und Befehlsgewalt in einer Hand liegen, sonst kann jeder Unfall blitzschnell zur Katastrophe werden. Die ersten Minuten sind entscheidend«, erklärt Harrsen.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und FDP sich noch verpflichtet, das Behörden-Sammelsurium zu einer Einheit zusammenzuführen. »Sich davon zu verabschieden, ist ein bodenloser Leichtsinn und gefährdet sowohl Menschenleben als auch Umwelt«, erklärt Dieter Harrsen. Föderalismus und Ressortdenken hätten sich wieder einmal durchgesetzt.

Harrsen erinnert daran, dass die SDN bereits vor Monaten eine unabhängige Organisationsuntersuchung zur Optimierung der Kosten und Abläufe auf See gefordert hat: »Wir leisten uns den Luxus, Steuergelder für eine Behördenvielfalt zu verschwenden, weil die zuständigen Politiker offensichtlich nicht die Kraft aufbringen, sich gegen die Beharrungskräfte in den Ministerien durchzusetzen«, analysiert er.

Wolle Deutschland sich gegenüber der internationalen Schifffahrt Respekt verschaffen und für Abschreckung und Vorbeugung sorgen, führe an einer schlagkräftigen, professionellen Küstenwache kein Weg vorbei.

Text als PDF-Datei: PM 11-07-22 Verzicht auf nationale Küstenwache ist Armutszeugnis