Die Vernunft scheint langsam Einkehr zu halten – auch im Sinne der Umwelt

Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste SDN begrüßt den Einstieg von Deutschlands größter Containerreederei Hapag-Lloyd in den Umschlagbetrieb des Jade-Weser-Port

Nordeeküste/Elbe/Varel. „Es hat lange gedauert, aber nun scheint der steigende Gigantismus im Container-Schiffsverkehr fast automatisch zu wirtschaftlich und logistisch sinnvolleren Entscheidungen zu führen”, freut sich SDN-Vorsitzender und Bürgermeister Gerd-Christian Wagner. In ihm stiege die Hoffnung, dass der Einstieg von Hapag-Lloyd in den Jade-Weser-Port auch anderen Reedereien die Erkenntnis bringen könnte, ihre großen Schiffe hauptsächlich direkt an der Küste abfertigen zu lassen. Vielleicht aus dem Grunde, weitere und zudem riskantere Wege, zum Beispiel über die Elbe, zu vermeiden. „Und das kann man ja beinahe schon als gutes Beispiel für einen umweltgerechteren Warentransport entlang unserer Nordseeküste werten.”

Auch wenn sich offizielle Stellen immer wieder darauf auszuruhen schienen, dass es insbesondere auf der Elbe noch keine Havarie mit ähnlichen Folgen wie die haveriebedingte Verriegelung des Suezkanals durch die EVER GIVEN gegeben habe, böten diese Riesenschiffe ein besonderes Risikopotential. Insbesondere stiegen die Risiken, weil ein größeres Schiff im Falle einer Havarie letztendlich anderes, größeres und schwereres Equipment zur Bergung brauche und auch die Tide dabei ein Wort mitzureden hätte. Die Havarie der INDIAN OCEAN in der Elbe bei Stade habe das ja nun mehr als deutlich gezeigt. Und selbst die Versicherer würden warnen: je größer die Schiffe, desto größer die Kosten im Falle eines Unfalls.

„Für die ganz großen Containerschiffe wird die lange Zufahrt immer problematischer”, so Wagner weiter. Zudem könnten sie die lange Zufahrt trotz problematischer und nicht ganz eindeutiger Vertiefung der Elbe immer nur mit verringerter Ladung passieren. Nicht zu vergessen, die Breite der Fahrrinne. Sie entspreche nicht den internationalen Sicherheitsvorgaben, demnach eine Umkehrmöglichkeit im Gefahrenfall möglich sein müsse. „Die meisten Unfälle sind nun einmal auf nicht gerade seltene Maschinenausfälle und Ruderprobleme zurückzuführen und wie monatlich mehrere Vorfälle belegen, ist davor kein Schiffstyp gefeit. Auch kein modernes Riesenschiff mit halber Ladung im zu kleinen Fahrwasser.”

Aber nun endlich scheine die Bestellung von zwölf Megafrachtern mit Kapazitäten von bis zu 23.500 Standardcontainern (TEU) durch Hapag-Lloyd, die damit die zu niedrige Hamburger Köhlbrandbrücke nicht mehr den von der Reederei zu einem Viertel mit getragenen Terminal Altenwerder erreichen könnten, zu einem Umdenken der Verantwortlichen zu führen. Eine Abfertigung in Wilhelmshaven, wo Schiffe mit bis zu 16,50 Meter Tiefgang tideunabhängig bedient werden können, sei für solche Riesenschiffe dagegen problemlos. Allerdings könne sich die eher geringe Ausstattung des Jade-Weser-Port mit nur acht Ladekränen schnell als zu gering erweisen.

„Bei allem alten hanseatischem Lokalkolorit, bei dem keine Seite an Einfluss verlieren will, müssen Hamburg und Bremen endlich akzeptieren, dass die Westhäfen oder auch Danzig weiter wachsen werden und sie dagegen allein nicht werden bestehen können!”, ist sich der SDN-Vorsitzende, mit Blick auf die über ein Jahr dauernden Verhandlungen zwischen HHLA und Eurogate ihre deutschen Terminals unter ein Dach zu bringen, sicher. „Die deutschen Seehäfen müssen gemeinsam durch Kooperation wettbewerbsfähiger werden, um sich damit auch besser gegenüber der Markt- und Preismacht der drei großen Containerreederei-Allianzen behaupten zu können und zudem Überkapazitäten und irrationale Standortkonkurrenzen abbauen.” Gleichzeitig ließe sich so der weltweite Containerverkehr an der norddeutschen Küste nicht nur ökonomischer und zeitsparender organisieren, sondern auch umweltschonender gestalten. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich mit Blick auf unsere Seehäfen vom „Hafen Norddeutschland” sprechen könnte”, zeichnet der SDN-Vorsitzende ein umsetzbares, realistisches Bild der Zukunft, „und das nicht zuletzt auch mit einem fragenden Blick nach Südamerika oder an die US-Ostküste, deren Häfen für die Mega-Frachter schlicht zu klein sind und bleiben und trotzdem nicht vom weltweiten Warenverkehr ausgeschlossen werden.”

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